Orlawasser wirft Umweltministerium „mieses Spiel“vor
Pößnecker Zweckverband wehrt sich gegen den Druck, eine Billigstsanierung seiner schwermetallbelasteten alten Kläranlage zu akzeptieren
Der Zweckverband Wasser und Abwasser Orla Pößneck ist fest entschlossen, das Problem der schwermetallbelasteten alten Kläranlage in Pößneck zum Thema im Landtagswahlkampf zu machen. Denn der für die Sanierung zuständige Altlastenzweckverband Nord-/ Ostthüringen Erfurt (ALZV) sei immer noch nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen. Das war Informationen in der jüngsten Orlawasser-Verbandsversammlung zu entnehmen.
Ein Besuch der Altlastenzweckverbands-Spitze im Verbandsausschuss von Orlawasser habe nicht die erhofften Fortschritte gebracht. Dabei werde der ALZV praktisch von Nachbarn geführt – vom früheren Leutenberger Klaus-Dieter Marten (CDU) und vom Remptendorfer Bürgermeister Thomas Franke (CDU), die den WasserAbwasser-Zweckverbänden Saalfeld-Rudolstadt und Lobensteiner Oberland vorstehen.
Der ALZV habe argumentiert, dass er nicht wisse, wo er das belastete Material entsorgen soll. Es gebe in Deutschland keine Deponie, die so hoch belastete Stoffe entgegen nehmen würde.
„Das können wir uns gar nicht vorstellen, wir sind uns nicht sicher, ob da richtig gesucht wurde“, sagt Michael Modde (parteilos), Pößnecker Bürgermeister und neuer stellvertretender Orlawasser-Vorsitzender, gegenüber dieser Zeitung. Sollte sich in Deutschland wirklich keine Entsorgungslösung finden, müsse man eben EU-weit schauen.
Der ALZV versuche, Orlawasser eine Billigstvariante einzureden und Risiken auf Pößneck abzuwälzen. „So nicht!“, sagt Modde. „Wie kann ein von den Grünen geführtes Umweltministerium dieses miese Spiel zulassen?“, fragt er. Stinksauer ist er auch auf die „Hinhaltetaktik“des SPD-geführten Landesverwaltungsamtes. Der Triptiser Altbürgermeister Berthold Steffen (Freie Wähler), bis gestern Orlawasser-Vorsitzender und mit dem Problem 13 Jahre beschäftigt, hatte erklärt, dass Pößneck in dieser Sache schon von den CDU-Landesregierungen im Stich gelassen worden sei.
Auf die Sanierung der alten Kläranlage wird in Pößneck seit 20 Jahren gewartet. Vor drei Jahren wähnte man sich auf der Zielgeraden. Doch bald folgte die Ernüchterung. Denn statt dem bis dahin erwarteten Aufwand von 2,8 Millionen Euro hätten aktualisierte Kalkulationen gezeigt, dass die Sanierung auch aufgrund verschärfter gesetzlicher Vorschriften nicht unter 7,5 Millionen kosten würde. Hierfür reichen weder die Reserven des ALZV, welchem Orlawasser verpflichtend angehört, noch die 1,5 Millionen Euro, die das Land spendieren wollte.
Normalerweise müsste das fehlende Geld von den ALZVMitgliedern, also von allen nordund ostthüringischen WasserAbwasser-Zweckverbänden, per Umlage eingezogen werden. In einem solchen Fall würde allein Erfurt einen siebenstelligen Betrag aufbringen müssen, heißt es. So glaubt in Pößneck keiner, dass die Umlageerhebung noch in diesem Leben funktionieren würde. Den gordischen Knoten könne nur ausreichend Geld vom Land zerschlagen.
Spätestens seit 2001 ist es amtlich, dass von der einstigen Abwasserreinigungsanlage Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen könnten. „Sollte die Kotschau mal überlaufen, könnte es Probleme geben, die keiner an der Backe haben will“, sprach Orlawasser-Werkleiter Volkmar Göschka die unmittelbare Nachbarschaft des Orla- und damit Saale-Zuflusses zur ehemaligen Kläranlage an.
Sie ist die letzte Aufgabe des 1993 gegründeten ALZV. Das Problem in Pößneck seien Klärschlämme insbesondere mit Chrom aus der einstigen Pößnecker Lederindustrie. Alle anderen alten Kläranlagen in Thüringen seien längst saniert.