Mehr Verkehrssicherheit
Fahrlehrerverband und politisch Verantwortliche votieren für begleitetes Fahren mit 16 Jahren – ohne die EU geht jedoch nichts
Harry Bittner ist aus beruflicher Sicht ein alter Hase. Seit 1982 arbeitet er als Fahrlehrer. Dem Vorstoß zu einem begleiteten Fahren bereits ab 16 steht der 57-Jährige aufgeschlossen gegenüber. Bereits das „BF 17“, also das begleitete Fahren mit 17 Jahren, habe sich bewährt. „Wir haben dadurch grundsätzlich mehr Verkehrssicherheit“, sagt Bittner, der Vorsitzender des Thüringer Fahrlehrerverbandes ist. Die Gruppe der BF-17-Fahrer sei zu 20 Prozent weniger an Unfällen beteiligt. Das gehe aus einer Statistik der Bundesanstalt für Straßenwesen hervor.
Unabhängig von den erfreulichen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit habe BF 17 auch den Vorteil, dass die Begleiter, oftmals die Eltern, dem Nachwuchs den einen oder anderen Tipp geben und beruhigend auf Sohn oder Tochter einwirken könnten, ist der versierte Fahrlehrer überzeugt. „Wir haben durchgehend positive Rückmeldungen von den Eltern“, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung.
Der Begleiter muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen (siehe Infokasten): Die FDP im Bundestag hat Bittner zufolge vorgeschlagen, das Mindestalter von 30 Jahren und den höchstens einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei wegfallen zu lassen und dafür acht Jahre den Besitz der Klasse B zu fordern. „Das ist ein Modell, das man diskutieren kann“, sagt er.
Durchschnittlich lege der Fahranfänger während der BF17-Phase 3000 Kilometer zurück, schätzt Bittner. Das sei unterschiedlich, weil mancher fünf, ein anderer acht Monate begleitet fahre. Beim Modell BF 16 würden auch die Anträge früher gestellt und die Begleitphase wäre wirklich zwölf Monate lang, führt der Verbandschef einen weiteren möglichen Vorteil an.
Nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes wurden 2018 in Thüringen 44.070 theoretische Fahrprüfungen abgelegt, davon 17.948 nicht bestanden. Bei der Praxis (40.173) ging in 14.006 Fällen der Daumen nach unten. Von den theoretischen 13.667 BF-17- beziehungsweise BEF17-Prüfungen (mit Anhänger) wurden 8543 bestanden, praktisch waren von 10.267 insgesamt 6927 erfolgreich.
Der CDU-Landtagsabgeordnete Marcus Malsch hat für seine Fraktion jetzt einen Antrag ausgearbeitet, in dem die Landesregierung aufgefordert wird, „die gemeinsamen Bemühungen der Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz zur Umsetzung eines Modellversuchs zum Begleiteten Fahren ab 16 zu unterstützen und in enger Abstimmung mit dem Bund die weiteren Diskussionsprozesse auf europäischer Ebene zu begleiten“. Schließlich muss die EUFührerscheinrichtlinie geändert werden, um begleitetes Fahren ab 16 Jahren zu ermöglichen. Außerdem solle Rot-Rot-Grün im Bundesrat eine Initiative starten, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen vorzubereiten, dass Begleitetes Fahren ab 16 generell ermöglicht wird.
Aussicht auf Erfolg hat dieser Vorstoß, der in diesem Monat im Parlament beraten werden soll, aber wohl kaum. „Ich setze mich schon lange für das begleitende Fahren ab 16 ein und unterstütze die Einführung von entsprechenden Modellprojekten“, betont Verkehrsministerin Birgit Keller (Linke) zwar auf Anfrage. Und auf Länderebene sei bei der Verkehrsministerkonferenz 2018 auch ein einstimmiger Beschluss gefasst worden, in dem die Bundesregierung aufgefordert worden sei, sich weiter bei der EU-Kommission dafür einzusetzen. Da aber auch die schwarz-rote Koalition diesem Vorhaben positiv gegenüber stehe, „halte ich eine Bundesratsinitiative, wie jetzt von der CDU-Fraktion gefordert, nicht für erforderlich“, so Keller.