„Containern“soll legalisiert werden
Initiative gegen Nahrungsmittelverschwendung: Politiker wollen das Einsammeln weggeworfener Lebensmittel erlauben
Lebensmittelverschwendung ist ein Problem. Einer aktuellen Studie der Universität Stuttgart zufolge landen pro Jahr in Deutschland 12,7 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, pro Kopf werfen die Deutschen rund 85 Kilogramm an Nahrung weg, von denen 37 Kilogramm noch verwertbar wären. Um dieser Verschwendung Einhalt zu gebieten unternimmt nun der Hamburger Justizsenator Till Steffen einen Vorstoß. Der Grünen-Politiker hat für die Konferenz der Justizminister der Länder in Lübeck einen Antrag vorbereitet, wonach das sogenannte Containern, also das Einsammeln weggeworfener Lebensmittel, künftig gestattet sein soll. Für noch sinnvoller hält Steffen aber ein gesetzliches Wegwerfverbot für Supermärkte. Dies wäre „am nachhaltigsten und effektivsten“, sagte Steffen unserer Redaktion. Eine derartige Regelung gibt es in Frankreich: Größere Supermärkte müssen dort noch genießbare Lebensmittel an gemeinnützige Organisationen verschenken.
„Dass jährlich mehrere Millionen Tonnen Lebensmittel ohne rechtliche Folge weggeworfen werden und gleichzeitig Menschen strafrechtlich verfolgt werden, die Lebensmittel retten wollen, passt nicht zusammen“, findet Steffen. Um das Containern zu entkriminalisieren, will der Senator den Bund auffordern, das Strafrecht zum Diebstahl zu ändern. Denkbar sei auch eine Modifikation von Paragraf 959 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Eigentumsaufgabe. Demnach gelten Lebensmittel auch dann als Eigentum, wenn sie weggeworfen werden, zumal der Eigentümer damit eine Absicht verbindet – nämlich ihre Entsorgung.
Ob der Vorstoß auf Bundesebene Erfolg haben wird, darf bezweifelt werden. „Es wäre zu kurz gegriffen, hier den Eigentumsschutz einzuschränken und damit gleichzeitig Vermüllung, Eindringen in abgesperrte Bereiche und nicht zuletzt Gesundheitsgefahren hinzunehmen“, sagte die Verbraucherschutz-Sprecherin der CDU/ CSU, Elisabeth WinkelmeierBecker. Auch Johannes Fechner, rechtspolitischer Sprecher der SPD, hält von einer Legalisierung wenig. Er möchte stattdessen ein Wegwerfverbot nach französischem Vorbild. Allerdings blockiere laut Fechner Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) ein solches Verbot, ohne „irgendwelche eigenen Vorschläge gegen Lebensmittelverschwendung zu machen“.