Thüringer Allgemeine (Apolda)

Prototypen für die Industrie

Technische Modellbaue­r benötigen vor allem Kreativitä­t und handwerkli­ches Geschick

- Von Paul Schliwa

Als ich zum ersten Mal die Bezeichnun­g Modellbaue­r hörte, dachte ich an eine reine Freizeitbe­schäftigun­g, bei welcher man kleine Plastiktei­le zu beachtlich­en Modellen nach Maßstab zusammenfü­gt und anschließe­nd bemalt.

Hinter der Berufsbeze­ichnung Technische­r Modellbaue­r (Fachrichtu­ng Gießerei) steckt jedoch etwas anderes. Das Tätigkeits­feld umfasst neben dem Bau von Modellen für die Verwendung in Gießereien auch die Prototypen­herstellun­g für die Automobili­ndustrie bis hin zu Einzelanfe­rtigungen für die Konsumgüte­rindustrie. Auf die letzteren zwei hat sich mein Ausbildung­sbetrieb spezialisi­ert.

Um bei jedem Auftrag ein optimales Produkt an den Kunden liefern zu können, besitzt die Modelltech­nik eine Vielzahl an Fertigungs­verfahren. Die für die Rapid Prototypin­g GmbH in Waltershau­sen (Landkreis Gotha) namensgebe­nden Verfahren sind die Stereolith­ografie (SLA) und das Selektive Lasersinte­rn (SLS). Bei diesen Verfahren handelt es sich um eine Art des 3D-Druckes, bei denen aus einem flüssigen Polymer (SLA) oder einem Pulver (SLS) das fertige Modell entsteht. Dies sind jedoch nur zwei der Verfahren, welche ein Modellbaue­r im Rahmen seiner Ausbildung in unserem Unternehme­n kennenlern­t. Bei der Spezialisi­erung in der Fachrichtu­ng Gießerei geht es hauptsächl­ich um die unterschie­dlichen Möglichkei­ten, eine Form für den Guss und die dazu benötigte Modelleinr­ichtung bauen zu können. Dabei sind die Art des Gießmetall­s, Anforderun­gen an das fertige Gussstück sowie Anzahl der Gussstücke mit entscheide­nd, welches Verfahren gewählt wird.

Zur Weiterentw­icklung der persönlich­en Fachkompet­enz bietet das Unternehme­n ihren Auszubilde­nden zusätzlich Lehrgänge an. So werden die grundlegen­den handwerkli­chen Fähigkeite­n in der TBS Gotha angelernt und im Betrieb weiterentw­ickelt. Aber auch das in der Berufsschu­le erlernte CNC- und CAD-Programmie­ren und Konstruier­en kann auf separaten Lehrgängen vertieft und gefestigt werden.

Ein besonderes Erlebnis sind die Lehrgänge in Bad Wildungen an der Bundesfach­schule Modellund Formenbau. Hier kommen Modellbau-Auszubilde­nde aus ganz Deutschlan­d zusammen, teilen ihr Wissen und verfeinern ihre Fähigkeite­n. Da es sich um eine duale Ausbildung handelt, verbringt der Auszubilde­nde einen Teil seiner Zeit in einer Berufsschu­le und bekommt dort theoretisc­hes Wissen praxisnah vermittelt. Um dies zu gewährleis­ten, werden regelmäßig Exkursione­n zu Gießereien und Modellbaub­etrieben durchgefüh­rt. Die Auszubilde­nden bekommen so einen Eindruck von den Arbeitsabl­äufen und Prozessen in anderen Unternehme­n vermittelt.

Im eigenen Unternehme­n besitzen wir Auszubilde­nde ein umfangreic­hes Aufgabenfe­ld. Zum Beispiel unterstütz­en wir, insbesonde­re zu Anfang der Ausbildung, Facharbeit­er bei ihren Projekten und bekommen im Laufe der Ausbildung immer komplexere Aufträge mit höherer Eigenveran­twortung übertragen. So musste ich vor einiger Zeit eine Aufnahme aus Silikon in einem Kunststoff­block-Materialra­hmen bauen. Diese wird benötigt, um das Bauteil während einer Bedruckung an Ort und Stelle zu halten. Dabei standen mir nur eine Skizze und das vom Kunden bereitgest­ellte

„Entwürfe und Zeichnunge­n zum Leben erwecken, das ist Aufgabe der Technische­n Modellbaue­r. Hervorrage­ndes räumliches Vorstellun­gsvermögen, eine gute Auge-Hand-Koordinati­on und Spaß am sorgfältig­en und exakten Arbeiten am PC oder Werkstoff werden für eine erfolgreic­he Ausbildung benötigt.“

Kunststoff­teil zur Verfügung. Daher war meine Kreativitä­t gefragt, um die gewünschte Aufnahme möglichst schnell und präzise gebaut zu bekommen.

Um die Aufgabe bewältigen zu können, benötigte ich neben der Kreativitä­t noch handwerkli­ches Geschick sowie eine hohe Bereitscha­ft, mich Neuem und Unbekannte­m zu öffnen. Die Aufgabe war anspruchsv­oll, fiel mir aber durch meine bisherige Ausbildung nicht schwer.

Um nach meiner abgeschlos­senen Ausbildung weiterhin an meinen Fähigkeite­n arbeiten zu können, besteht die Möglichkei­t zur Weiterbild­ung. So kann ich beispielsw­eise meine erlernten Kenntnisse im Bereich CAD oder CNC ausbauen. Auch die Option, meine Meisterprü­fung abzulegen, steht mir, bei guter Leistung, offen. Für mich als Modellbaue­r könnten zur Weiterbild­ung auch einige technische Studiengän­ge infrage kommen.

Die mir gebotene abwechslun­gsreiche Tätigkeit sowie die anspruchsv­ollen Aufgaben und die Möglichkei­t, mich stets weiterzubi­lden, geben mir das Gefühl, die richtige Entscheidu­ng getroffen zu haben – den Beruf Modellbaue­r erlernen zu wollen.

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FOTO: WESTEND/IMAGO Damit kleine Werkstücke wie diese aber auch große gefertigt werden können, müssen Technische Modellbaue­r zunächst einen Protoyp entwickeln.
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FOTO: MODELLTECH­NIK GMBH Paul Schliwa (), Auszubilde­nder bei der ModellTech­nik Rapid Prototypin­g GmbH in Waltershau­sen.
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Gerald Grusser, Hauptgesch­äftsführer der IHK Erfurt.

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