Baumeister Klopp
Der FC Liverpool gewinnt mit dem 2:0 im Finale gegen Tottenham Hotspur die Champions League
Sieger müssen schwindelfrei sein. Jürgen Klopp ließ sich am späten Samstagabend von seinen Spielern einmal, zweimal, dreimal, viermal hoch in die Luft werfen. Der 51-Jährige kann froh sein, dass er sich auf seine Jungs vom FC Liverpool nicht nur auf dem Rasen verlassen kann. Nein, sie ließen ihren Chef nicht fallen. Und Klopp konnte auch glücklich sein, dass er nur Trainer und nicht Steuermann ist. Ruderer hätten ihn sonst im hohen Bogen ins Wasser geworfen.
Feucht-fröhlich ging es trotzdem zu nach dem 2:0 (1:0)Triumph des FC Liverpool im Finale der Champions League gegen Tottenham Hotspur. Bis kurz nach sechs am Morgen soll die Siegesparty der Reds in Madrid gegangen sein, und am Sonntagabend wurden die FußballHelden in der englischen Hafenstadt von einer riesigen Menschenmenge gefeiert. Hunderttausende ließen ihr Team nach dem so sehr ersehnten sechsten Triumph in einem Endspiel des wichtigsten Europacup-Wettbewerbs hochleben.
Viermal (1977, 1978, 1981, 1984) hatte der Club im Landesmeister-Wettbewerb gewonnen, 2005 dann erstmals die Champions League. In Anspielung auf den sechsten Sieg wandelte Klopp beim TV-Sender Viasat im Gespräch mit dem Ex-Frankfurter Jan-Age Fjörtoft den Salt’n’Pepa-Hit so um: „Let‘s talk about six, Baby!“
Klopp ist der Baumeister des neuen Liverpooler Erfolgsprojektes. Jetzt ist er endgültig „King Klopp“, nachdem er sein Versprechen auf einen Titel kurz vor dem Ende seiner VierJahres-Frist einlöste. Der selbsternannte Weltrekordler gewonnener Halbfinals darf sich jetzt Champions-League-Sieger 2019 nennen. Jürgen Klopp hat seinen Bann gebrochen: Nach sechs Endspielniederlagen in Serie mit Borussia Dortmund und dem FC Liverpool ging er in Madrid als strahlender Sieger vom Rasen.
Dem Trainer, der den BVB 2011 und 2012 zur Meisterschaft sowie 2012 zum DFBPokalsieg geführt hatte, war die Erleichterung anzusehen. Und in seiner unnachahmlichen Art, Gefühle so in Worte zu fassen, dass sie von Spielern wie Fans sofort verstanden werden, sagte er den Journalisten in Madrid: „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie leid ich es war, jedes Jahr mit einer Silbermedaille in den Urlaub zu fahren. Diesmal reise ich mit einer Goldmedaille. Meine Familie hat in den vergangenen Jahren mehr gelitten als ich. Die Goldmedaille werde ich meiner Frau Ulla schenken.“
Im Vergleich zu den Halbfinal-Galavorstellungen von Liverpool gegen den FC Barcelona und von Tottenham gegen Ajax Amsterdam fiel das Niveau des Endspiels von Madrid deutlich ab. Klopp mutmaßte, dass die dreiwöchige Pause vor dem Saisonhöhepunkt den Rhythmus gestört habe. „Aber in einem Endspiel geht es nicht darum, super gut zu spielen. Es geht um den Sieg. Deshalb gratuliere ich Liverpool“, sagte TottenhamTrainer Mauricio Pochettino.
Schon nach 23 Sekunden war dessen Matchplan Makulatur. Liverpools Sadio Mané traf mit einem Flankenversuch im Strafraum den ausgestreckten Arm von Tottenhams Moussa Sissoko. Unglücklich, aber regelkonform. Mohamed Salah, der im vergangenen Jahr beim 1:3 im Finale gegen Real Madrid verletzt ausgewechselt worden war, verwandelte den Handelfmeter nach 108 Sekunden zum 1:0.
Tottenham mühte sich, fand aber nicht zu seinem Spiel. In der 87. Minute machte der ExWolfsburger Divock Origi mit dem 2:0 nach Vorarbeit des ExSchalkers Joel Matip alles klar.
Mit dem Champions-LeagueSieg beginnt das Liverpooler Projekt erst richtig. „Jetzt haben wir etwas gewonnen, und wir werden weitermachen. Das ist erst der Anfang für diese Gruppe. Sie haben die beste Zeit ihrer Karriere noch vor sich“, sagte Klopp. Allen voran Rechtsverteidiger Trent Alexander-Arnold, der mit 20 Jahren schon sein zweites Finale in der europäischen Königsklasse bestritt.
Und auch sein Abwehr-Dreieck Torhüter Alisson Becker (26), Virgil van Dijk (27) und Joel Matip (27) kann noch einige Zeit auf höchstem Niveau spielen. Was der FC Barcelona, Real Madrid und auch der FC Bayern München noch vor sich haben, kann sich Liverpool ersparen. Eine grundsätzliche Verjüngung ist nicht nötig. Das Sturm-Trio Mohamed Salah (26), Sadio Mané (27) und Roberto Firmino (27) ist im besten Alter. Trotzdem wird auch Liverpool sicherlich auf dem Spielermarkt noch zuschlagen, denn nach dem Champions-League-Sieg ist noch mehr Geld in der Kasse.
Jetzt will Jürgen Klopp auch Meister in der Premier League werden. Als ihn Pep Guardiola in der Nacht per Telefon beglückwünschte, kündigte Jürgen Klopp dem Meistertrainer von Manchester City an: „Wir haben einander versprochen, dass wir uns bald wieder gegenseitig in den Hintern treten werden.“