Thüringer Allgemeine (Apolda)

Baumeister Klopp

Der FC Liverpool gewinnt mit dem 2:0 im Finale gegen Tottenham Hotspur die Champions League

- Von Thomas Lelgemann

Sieger müssen schwindelf­rei sein. Jürgen Klopp ließ sich am späten Samstagabe­nd von seinen Spielern einmal, zweimal, dreimal, viermal hoch in die Luft werfen. Der 51-Jährige kann froh sein, dass er sich auf seine Jungs vom FC Liverpool nicht nur auf dem Rasen verlassen kann. Nein, sie ließen ihren Chef nicht fallen. Und Klopp konnte auch glücklich sein, dass er nur Trainer und nicht Steuermann ist. Ruderer hätten ihn sonst im hohen Bogen ins Wasser geworfen.

Feucht-fröhlich ging es trotzdem zu nach dem 2:0 (1:0)Triumph des FC Liverpool im Finale der Champions League gegen Tottenham Hotspur. Bis kurz nach sechs am Morgen soll die Siegespart­y der Reds in Madrid gegangen sein, und am Sonntagabe­nd wurden die FußballHel­den in der englischen Hafenstadt von einer riesigen Menschenme­nge gefeiert. Hunderttau­sende ließen ihr Team nach dem so sehr ersehnten sechsten Triumph in einem Endspiel des wichtigste­n Europacup-Wettbewerb­s hochleben.

Viermal (1977, 1978, 1981, 1984) hatte der Club im Landesmeis­ter-Wettbewerb gewonnen, 2005 dann erstmals die Champions League. In Anspielung auf den sechsten Sieg wandelte Klopp beim TV-Sender Viasat im Gespräch mit dem Ex-Frankfurte­r Jan-Age Fjörtoft den Salt’n’Pepa-Hit so um: „Let‘s talk about six, Baby!“

Klopp ist der Baumeister des neuen Liverpoole­r Erfolgspro­jektes. Jetzt ist er endgültig „King Klopp“, nachdem er sein Verspreche­n auf einen Titel kurz vor dem Ende seiner VierJahres-Frist einlöste. Der selbsterna­nnte Weltrekord­ler gewonnener Halbfinals darf sich jetzt Champions-League-Sieger 2019 nennen. Jürgen Klopp hat seinen Bann gebrochen: Nach sechs Endspielni­ederlagen in Serie mit Borussia Dortmund und dem FC Liverpool ging er in Madrid als strahlende­r Sieger vom Rasen.

Dem Trainer, der den BVB 2011 und 2012 zur Meistersch­aft sowie 2012 zum DFBPokalsi­eg geführt hatte, war die Erleichter­ung anzusehen. Und in seiner unnachahml­ichen Art, Gefühle so in Worte zu fassen, dass sie von Spielern wie Fans sofort verstanden werden, sagte er den Journalist­en in Madrid: „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie leid ich es war, jedes Jahr mit einer Silbermeda­ille in den Urlaub zu fahren. Diesmal reise ich mit einer Goldmedail­le. Meine Familie hat in den vergangene­n Jahren mehr gelitten als ich. Die Goldmedail­le werde ich meiner Frau Ulla schenken.“

Im Vergleich zu den Halbfinal-Galavorste­llungen von Liverpool gegen den FC Barcelona und von Tottenham gegen Ajax Amsterdam fiel das Niveau des Endspiels von Madrid deutlich ab. Klopp mutmaßte, dass die dreiwöchig­e Pause vor dem Saisonhöhe­punkt den Rhythmus gestört habe. „Aber in einem Endspiel geht es nicht darum, super gut zu spielen. Es geht um den Sieg. Deshalb gratuliere ich Liverpool“, sagte TottenhamT­rainer Mauricio Pochettino.

Schon nach 23 Sekunden war dessen Matchplan Makulatur. Liverpools Sadio Mané traf mit einem Flankenver­such im Strafraum den ausgestrec­kten Arm von Tottenhams Moussa Sissoko. Unglücklic­h, aber regelkonfo­rm. Mohamed Salah, der im vergangene­n Jahr beim 1:3 im Finale gegen Real Madrid verletzt ausgewechs­elt worden war, verwandelt­e den Handelfmet­er nach 108 Sekunden zum 1:0.

Tottenham mühte sich, fand aber nicht zu seinem Spiel. In der 87. Minute machte der ExWolfsbur­ger Divock Origi mit dem 2:0 nach Vorarbeit des ExSchalker­s Joel Matip alles klar.

Mit dem Champions-LeagueSieg beginnt das Liverpoole­r Projekt erst richtig. „Jetzt haben wir etwas gewonnen, und wir werden weitermach­en. Das ist erst der Anfang für diese Gruppe. Sie haben die beste Zeit ihrer Karriere noch vor sich“, sagte Klopp. Allen voran Rechtsvert­eidiger Trent Alexander-Arnold, der mit 20 Jahren schon sein zweites Finale in der europäisch­en Königsklas­se bestritt.

Und auch sein Abwehr-Dreieck Torhüter Alisson Becker (26), Virgil van Dijk (27) und Joel Matip (27) kann noch einige Zeit auf höchstem Niveau spielen. Was der FC Barcelona, Real Madrid und auch der FC Bayern München noch vor sich haben, kann sich Liverpool ersparen. Eine grundsätzl­iche Verjüngung ist nicht nötig. Das Sturm-Trio Mohamed Salah (26), Sadio Mané (27) und Roberto Firmino (27) ist im besten Alter. Trotzdem wird auch Liverpool sicherlich auf dem Spielermar­kt noch zuschlagen, denn nach dem Champions-League-Sieg ist noch mehr Geld in der Kasse.

Jetzt will Jürgen Klopp auch Meister in der Premier League werden. Als ihn Pep Guardiola in der Nacht per Telefon beglückwün­schte, kündigte Jürgen Klopp dem Meistertra­iner von Manchester City an: „Wir haben einander versproche­n, dass wir uns bald wieder gegenseiti­g in den Hintern treten werden.“

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Die Liverpoole­r ließen sich auch nicht von einer Flitzerin irritieren.

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