Klarer Auftrag: Zwei Siege
Mit Löw-Assistent Marcus Sorg als Interims-Chef bereitet sich die Nationalelf auf die EM-Qualifikationsspiele gegen Weißrussland und Estland vor
Matthias Ginter schipperte vor einigen Tagen mit einer Yacht über das Mittelmeer. Marco Reus feierte seinen 30. Geburtstag. Und Leroy Sané bestaunte mit seiner Tochter Rennpferde. Das Leben kann auch ohne Fußball so schön sein.
Doch irgendwann kommen sie halt wieder, die Termine. Gerade dann, wenn man nun mit der deutschen Nationalelf dafür sorgen soll, dass die EM-Qualifikation für 2020 weiter reibungslos verläuft. Und so beendeten die Spieler gestern ihren KurzUrlaub und trudelten nach und nach im Hotel De Bovenste Molen in Venlo ein. Hier, in den Niederlanden, nahe der deutschen Grenze, bereitet sich die Mannschaft fast eine Woche auf Weißrussland und Estland vor.
„Alles andere als sechs Punkte wären eine Enttäuschung“, verkündete Joachim Löw schon vor einiger Zeit. Da wusste der Bundestrainer aber noch nicht, dass er selbst wenig zum Erfolg beitragen kann. Nach seiner Arterienquetschung braucht er Ruhe. Assistent Marcus Sorg rückt deswegen ins von ihm ungeliebte Rampenlicht, wird aber ständig mit Löw in Kontakt stehen.
Deswegen weiß auch er, wie wichtig es sein wird, die nach dem 3:2-Auftaktsieg über die Niederlande entstandene kleine Euphorie zu halten. Die junge deutsche Mannschaft verspricht Tempo, Spektakel, Leidenschaft – aber sie ist eben auch unberechenbar. Mitten in der Urlaubszeit muss sie gegen zwei schwächere Gegner den Schalter umlegen. Da wird sich zeigen, ob die potenziellen neuen Führungsspieler wie Niklas Süle, Joshua Kimmich oder Leon Goretzka wirklich vorangehen. Zumal Toni Kroos und Marc-André ter Stegen pausieren dürfen.
Dafür klingelte in der vergangenen Woche das Telefon von Sven Ulreich. Da Bernd Leno Probleme am Daumen hat, reist der 30-jährige erstmals zur Nationalmannschaft. Er wird wie Kollege Kevin Trapp aber nur auf der Bank sitzen, weil Manuel Neuer als Kapitän gesetzt ist.
Der 33-Jährige ist durch die Kroos-Pause der letzte verbliebene Profi, der beim WM-Triumph in Rio 2014 auf dem Rasen stand. Um ihn herum muss sich weiterhin eine neue Hierarchie bilden. Es geht darum, Strukturen zu formen und zu überarbeiten. Sorg wird daher zusätzlich als Moderator gefordert sein.
Auch gegenüber den Fans. Der ungewöhnliche Ort des Trainingslagers hat kritische Stimmen hervorgerufen. Allerdings ist am Mittwoch im nicht weit entfernten Aachener Stadion ein Fanfest geplant. Dort werden in einem Trainingsspiel zwei Mannschaften aus dem Kader gegeneinander antreten (17.30 Uhr live auf RTL Nitro). Zudem sind die Bedingungen abseits des Venloer Zentrums klasse. Trainiert wird auf der Anlage des Erstligisten VVV; ein Naturschutzgebiet liegt direkt daneben, die Sonne soll auch immer wieder scheinen.
Fast wie im Urlaub.