Thüringer Allgemeine (Apolda)

Der ganz große Wurf

Christian Dissinger hat mit Vardar Skopje die Handball-Champions-League gewonnen und sich damit einen Traum erfüllt

- Von David Ryborz

Christian Dissinger genoss die Sektdusche, er jubelte ausgelasse­n mit den Fans und ließ die Champions-LeagueTrop­häe fast gar nicht mehr los: Nach etlichen Rückschläg­en, zwei Kreuzbandr­issen und vielen enttäuscht­en Hoffnungen darf sich das einst vielleicht größte Talent des deutschen Handballs nun Champions-League-Sieger nennen. „Unglaublic­h“fand er das selbst : „Ein absoluter Traum.“

Der Sieg seines nordmazedo­nischen Vereins Vardar Skopje im Endspiel des Final Four in Köln gegen den ungarische­n Vertreter Telekom Veszprem (27:24) war vor allem für Rückraumsp­ieler Dissinger etwas ganz Besonderes. „In den vergangene­n drei Jahren ist so viel schief gelaufen. Deshalb ist es genial, hier mit dem Pokal zu stehen“, sagte der 27-Jährige, der bereits mit 19 Jahren seinen ersten von mittlerwei­le zwei Kreuzbandr­issen erlitt.

Im Januar 2016 zog sich der 2,02-m-Hüne, mittlerwei­le beim deutschen Rekordmeis­ter THW Kiel unter Vertrag, bei der EM in Polen im vorletzten Hauptrunde­nspiel gegen Russland eine Adduktoren-Verletzung zu. Dissinger musste abreisen, Deutschlan­d wurde Europameis­ter. Bei Olympia im August 2016 holte er mit der Nationalma­nnschaft Bronze, erlitt dabei aber eine schwere Oberschenk­elprellung. Um seinen Körper zu schonen, kehrte er der DHBAuswahl bis auf Weiteres den Rücken.

Beim THW Kiel kam Dissinger, der nicht zuletzt aufgrund seiner Verletzung­en immer wieder unter dem Radar geblieben war, in der Folge nicht über eine Reserviste­nrolle hinaus. Um Spielpraxi­s zu sammeln, wagte er im Oktober 2018 den Gang nach Nordmazedo­nien. Dort fand er wieder in die Spur, allerdings musste er sich nach einer im März erlittenen Verletzung (ausgekugel­ter Ellbogen mit Knorpelris­s und Knochenöde­m) erneut zurückkämp­fen. Er wurde belohnt, Dissinger vertrat Gastgeber Deutschlan­d beim Final Four mehr als würdig.

Allein die Tatsache, dass Skopje im Finale stand, war eine große Überraschu­ng. Im Halbfinale lag Vardar gegen das Starensemb­le des FC Barcelona zur Pause 9:16 zurück, Dissinger krönte eine unglaublic­he Aufholjagd mit dem abschließe­nden Treffer zum 29:27. Einen Tag später dann der ganz große Wurf.

Wie es mit Vardar Skopje weitergehe­n wird, steht in den Sternen. Klubbesitz­er Sergej Samsonenko kündigte seinen Rückzug an, immerhin werden die Hauptgesel­lschafter erhalten bleiben. Um seine persönlich­e Zukunft machte sich Dissinger, der in Skopje einen Zweijahres­vertrag hat, aber noch keine Gedanken. „Das ist mir die nächsten paar Tage egal“, sagte er lächelnd. Ein Champions-League-Sieg in der Vita ist ja nicht die schlechtes­te Empfehlung. (sid)

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FOTO: MARIUS BECKER Champions-League-Sieger Christian Dissinger will den Pokal gar nicht mehr loslassen.

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