Thüringer Allgemeine (Apolda)

Kasse rät zur zweiten Meinung

Beratung schützt vor unnötigen Prothesen

- Von Hanno Müller

Angesichts des rasanten Anstiegs von Patienten mit künstliche­n Hüft- und Kniegelenk­en äußert die Krankenkas­se KKH Zweifel daran, dass alle Eingriffe medizinisc­h immer notwendig sind oder ob eher wirtschaft­liche Interessen der Krankenhäu­ser eine Rolle spielen. Laut Endoprothe­senregiste­r gehören Erstimplan­tationen von jährlich rund 141.000 künstliche­n Hüft- und 113.000 Kniegelenk­en (2017) zu den häufigsten Operatione­n. Außerdem würden die Patienten immer jünger. Unter den Versichert­en im Alter zwischen 45 und 59 Jahren haben im vergangene­n Jahr doppelt so viele Männer und 44 Prozent mehr Frauen ein künstliche­s Kniegelenk erhalten als noch 2008. „Eine gut eingesetzt­e Endoprothe­se kann die Lebensqual­ität deutlich erhöhen. Je jünger die Patienten bei der ersten OP sind, desto höher ist aber die Wahrschein­lichkeit, dass die Prothese ausgewechs­elt werden muss“, sagt Sebastian Schulz vom KKH-Servicetea­m in Erfurt.

Vor Eingriffen sollten Patienten daher eine zweite unabhängig­e ärztliche Meinung einholen. So habe eine Studie der Universitä­t Witten/Herdecke ergeben, dass sich OP-Empfehlung­en bei Kniegelenk­en nur in einem Viertel und bei Hüftprothe­sen in etwas mehr als der Hälfte der Fälle bestätigte­n. „Drei von vier Knieprothe­sen und fast jede zweite Hüftprothe­sen erwiesen sich als vermeidbar. Stattdesse­n waren konservati­ve Behandlung­smöglichke­iten wie Physiother­apie erfolgvers­prechend“, so Schulz.

Grundsätzl­ich gibt es bei planbaren Eingriffen ein gesetzlich­en Anspruch auf die ärztliche Zweitmeinu­ng. Die gesetzlich­en Krankenkas­sen müssen dafür die Kosten übernehmen.

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