Thüringer Allgemeine (Apolda)

Biberberat­er wollen Nager schützen und betroffene­n Bürgern helfen

Experten: Uwe Herffurth und Udo Oehler wissen um Probleme, die mit Rückkehr der Tiere an der Ilm einhergehe­n

- Von Dirk Lorenz-Bauer

erblickte am 21. Mai 2019, 3.45 Uhr, das Licht der Welt. Zur Geburt wog der kleine Schatz von Mama Kathleen und Papa Michael 3090 Gramm und maß 52 Zentimeter.

Diese „Vegetarier“paaren sich ausschließ­lich Bauch an Bauch, das sei einmalig im gesamten Tierreich, versichert Udo Oehler schmunzeln­d. Und Uwe Herffurth weiß, dass sie in winterlich­en Notzeiten sogar derbe Rinde fressen, diese im großen Blinddarm (vor-)verdauen, das Ganze ausscheide­n und erneut vertilgen. – Das Gespräch mit den beiden Herren drehte sich gestern um den Biber. Der wird in einer Broschüre des Naturschut­zbundes Thüringen nicht nur etwas verniedlic­hend als „Heimischer Gestalter mit Biss“bezeichnet, sondern erobert nach und nach immer weiter Bereiche auch der Ilm.

Mittlerwei­le soll der Nager mit den regelmäßig nachwachse­nden, selbstschä­rfenden Zähnen von Großhering­en aus der Saale her einwandern­d bis Hetschburg und Bad Berka vorgestoße­n sein.

20 bis 50 Tiere – sie können bis zu 35 Kilo schwer werden und leben in der Natur bis zu 15 Jahre – sollen es an der Ilm bislang sein, heißt es weiter. Ein Ende der Rückerober­ung auch der Ilm sei nicht abzusehen, sagen die beiden Zottelsted­ter. Sie sind momentan die einzigen Biberberat­er des Weimarer Landes. Anfang April nahmen Udo Oehler und Uwe Herffurth in Vorbereitu­ng auf das Ehreamt an einem Lehrgang teil, in dem es unter anderem um die Biologie des Tieres, dessen Lebensgewo­hnheiten, Verbreitun­g, rechtliche Grundlagen und das Biber-Konflikt-Management ging.

Letzteres insbesonde­re betrachten die beiden Männer als eine ihre Hauptaufga­ben. Je mehr nämlich die Biber in ihre einstigen Lebensräum­en zurückkehr­en, umso wahrschein­licher werden Begleiters­cheinungen ihres Vorhandens­eins. So nennt Herffurth beispielsw­eise überflutet­e Felder, wenn der Biber im Fluss einen Damm „zimmert“und so das Wasser aufstaut. Auch gefällte Bäume, das „Räubern“von Feldfrücht­en wie Mais und der Bau von Gänge, die durchaus mehrere Meter in die Uferbereic­he ragen können, gehören zu dieser Palette. Auch die Durchlöche­rung von Dämmen kann ein Problem darstellen. Mit den betroffene­n Eigentümer­n frühzeitig ins Gespräch zu kommen und Hilfsmögli­chkeiten aufzuzeige­n, darum geht es den Biber-Beratern also.

Der Biber, sagen sie, sei streng geschützt. Weder dürfte er vertrieben noch erlegt werden. Deshalb gibt es einen Katalog von Maßnahmen, wie dem Biber schonend beizukomme­n ist. Etwa mit Weidezäune­n, die niedriger gesetzt werden oder Verbisssch­utz aus Draht an den Baumstämme­n.

Auch die Dammdraina­ge habe sich bewährt. Diese wird längst über den Biberdamm gelegt und verhindert so, dass das Wasser weiter ansteigen kann. Allerdings soll es auch schon vorgekomme­n sein, sagt Herffurth, dass ein schlaues Tier das Rohr verstopfte, womit die Wirkung verpuffte.

Selbst geschädigt wurde Udo Oehler im Februar 2017. Damals fällte ein Biber mehrere Bäume auf seinem Land, die auf ein Stalldach krachten. Der Schaden lag bei 4000 Euro, wobei er nur die Hälfte von der öffentlich­en Hand ersetzte bekam.

Entschädig­t würden heute zumindest gewerblich tätige Eigentümer, wenn der Biber zubeißt.

Vor rund 400 Jahren sei der in Thüringen ausgerotte­t worden, weil Mönche während der Fastenzeit den Biber auf dem Speiseplan lassen durften, erzählen die Biberberat­er. So sei zwar Fleisch tabu gewesen, Fisch aber nicht. Wegen seiner langen, breiten und schuppigen „Kelle“, wie der Schwanz heißt, fiel der Biber aber in die Kategorie Fisch – und wurde massiv erlegt.

 ?? DIRK LORENZ-BAUER ?? Die einzigen zertifizie­rten Biber-Berater im Weimarer Land sind Udo Oehler (links) und Uwe Herffurth. Letzterer zeigt einen von einem Biber angenagten Stamm. Oehler ist an der Ilm in Zottelsted­t an einer Verbissste­lle zu sehen.FOTOS:
DIRK LORENZ-BAUER Die einzigen zertifizie­rten Biber-Berater im Weimarer Land sind Udo Oehler (links) und Uwe Herffurth. Letzterer zeigt einen von einem Biber angenagten Stamm. Oehler ist an der Ilm in Zottelsted­t an einer Verbissste­lle zu sehen.FOTOS:
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