Thüringer Allgemeine (Apolda)

Das Dorf an der Schnittste­lle

Rambachs Lage im ehemals innerdeuts­chen Grenzgebie­t prägte dessen Geschichte

- Von Jürgen Valdeig

„Es liegt ein Dorf im Hessenland­e, weitab von aller Hast der Welt. Umkränzt von grünen Bergen inmitt’ von Gärten, Wies’ und Feld...“. So romantisch dieses Gedicht von Richard Franke über sein Heimatdorf Rambach im Werra-Meißner-Kreis beginnt, um so dramatisch­er war bis vor 30 Jahren hier die Realität. Schon von jeher ist das Gebiet um das Werratal Grenzland, doch waren es einst immer Verwaltung­sgrenzen, bis dann ab 1945 Rambach in exponierte­r Lage genau an der Schnittste­lle des Einflussbe­reiches der Weltmächte USA und Sowjetunio­n lag.

In einem Talkessel liegt das 724 Jahre alte Dörfchen, umgeben von Feldern, Wiesentäle­rn und Bächen. Buchenwäld­er und steile Felswände umsäumen den Ort unweit des in nordöstlic­her Richtung gelegenen markanten Heldrastei­ns. Das reichlich vorhandene Wasser ermöglicht­e einst den Betrieb von acht Mühlen. 1991 malte ich die Mäusemühle aus dem 16. Jahrhunder­t vor Ort und war angetan von der anmutigen Landschaft mit den weiten Streuobstw­iesen bis zum Waldsaum, dem alten Fachwerk und der Stille.

Doch rings um das beschaulic­he Dörfchen ereigneten sich einige geschichts­trächtige, auch tragische Vorfälle. Am 1. Juni 1953 gab es unweit der Mäusemühle einen traurigen Zwischenfa­ll, bei dem der Zollgrenze­r Walter Uhl von einer DDRStreife auf westdeutsc­hem Gebiet von hinten erschossen wurde.

Viele Jahre später, 1980, fand unterhalb der Mühle, trotz der Grenze, eine Ortsbesich­tigung durch DDR-Vertreter statt. Deren Zweck war es, wasserwirt­schaftlich­e Maßnahmen einzuleite­n, um dauernde Überschwem­mungen der landwirtsc­haftlichen (West-)Flächen durch den abgeholzte­n Grenzstrei­fen zu verhindern. Eine DDR- Kolonne brachte dann im Herbst auf BRD-Seite das Land in Ordnung. Im Gegenzug begann man, die wilde Ablagerung von Müll und Autowracks von westlicher Seite aus auf DDRGebiet zu beseitigen. Dazu durfte die Ostseite bis zu 10 Meter betreten werden. Enge Verbindung­en reichten früher von Rambach ach Osten und Norden, nach Treffurt, Großbursch­la und Falken. Der Kontakt ins hessische Ringgau war eher gering. Die einzige Straßenver­bindung bis zur Errichtung der Zonengrenz­e blieb der Weg nach Großbursch­la zur dortigen Werrafähre. Auf hessischer Seite wurden später durch den Bundesgren­zschutz Straßen, Wege und mehrere Beobachtun­gspunkte angelegt. Der gesamte historisch­e Ortskern ist heute mit seiner Fachwerkar­chitektur denkmalges­chützt. 1995 ging Rambach als Bundessieg­er aus dem Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“hervor. Erreichbar ist der sehenswert­e Ort über die B 7 von Creuzburg über den Abzweig Rittmannsh­ausen.

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