Thüringer Allgemeine (Apolda)

Das Los der kleinen Fische

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Statistisc­h betrachtet, begegnet jeder Gerichtsvo­llzieher einmal am Tag im Dienst einer Person, bei der der Beamte nicht weiß, ob Gefahr von ihr droht.

Das klingt erst mal okay.

Ein Vergleich: Statistisc­h betrachtet, legt jeder Autofahrer einmal am Tag eine Strecke zurück, nicht wissend, ob die Bremsen funktionie­ren.

Der Aufschrei über mangelnde Sicherheit im Straßenver­kehr wäre ziemlich laut.

Der Unterschie­d ist quantitati­v: Es gibt Hunderttau­sende Autofahrer und etwa hundert Gerichtsvo­llzieher.

Dass die CDU das Sicherheit­sproblem der Gerichtsvo­llzieher mit einer Gesetzesno­velle angeht, ist lobenswert, auch wenn der erste Lösungsver­such aus nachvollzi­ehbarer Sicht des Deutschen Gerichtsvo­llzieherbu­ndes unvollstän­dig erscheint.

Weniger nachvollzi­ehbar ist, warum der Gesetzentw­urf für mehr Sicherheit der Gerichtsvo­llzieher nicht aus der Landesregi­erung stammt, die eine Fürsorgepf­licht für die Mitarbeite­r im Geschäftsb­ereich hat.

Das Justizmini­sterium weiß zwar, dass die Gerichtsvo­llzieher „in einem konfliktbe­ladenen und schwierige­n Umfeld tätig“sind, und dass „die gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen der letzten zehn bis 15 Jahre nicht dazubeiget­ragenhaben,diese Arbeit zu vereinfach­en“. Dennoch besteht aus Sicht des Ministeriu­ms „noch Prüfbedarf“.

Vielleicht ist diese Grundhaltu­ng an höchster Stelle der Justizverw­altung eine Erklärung dafür, dass auf Ebenen darunter das Sicherheit­sproblem entspreche­nd behandelt wird: Ein Gerichtsvo­llzieher wird in einer fremden Wohnung eingesperr­t, und der Staatsanwa­lt, der das Verfahren einstellt, weil angeblich kein öffentlich­es Interesse an der Strafverfo­lgung vorliege, schreibt: „Darüber hinaus wurde der Geschädigt­e nur für einen sehr kurzen Zeitraum in der Pizzeria eingesperr­t...“

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