Thüringer Allgemeine (Apolda)

Gerichtsvo­llzieher fordern besseren Schutz durch die Polizei

Verband klagt über wachsende Zahl von Drohungen, Angriffe nehmen zu. Diskussion um neues Gesetz im Landtag

- Von Frank Schauka

Die Lage der Gerichtsvo­llzieher in Thüringen ist angespannt und steuert auf eine Strukturkr­ise zu.

Für jede achte Stelle gibt es kein Personal. „Dem Freistaat fehlen 15 Gerichtsvo­llzieher“, stellt der Landesrech­nungshof in einem unveröffen­tlichten Prüfberich­t fest. Die Zukunft sieht noch schlechter aus. „Die Nachwuchsg­ewinnung gestaltet sich schwierig. 2016 und 2017 hat jeweils nur ein Gerichtsvo­llziehungs­anwärter die Ausbildung begonnen“, notieren die Rechnungsp­rüfer. Eine Pensionswe­lle rollt außerdem an.

Einen Punkt gibt es, der viele der etwa hundert Gerichtsvo­llzieher in Thüringen besonders besorgt: die zunehmende Bedrohung bei Amtshandlu­ngen in fremden Wohnungen. Selbst harmlos wirkende Termine sind in jüngster Zeit eskaliert. In Eisenach wurde Ende 2018 ein Gerichtsvo­llzieher, der 200 Euro pfänden wollte, in einem Döner-Laden eingeschlo­ssen. Die Polizei musste den Beamten befreien.

„Jeden Tag haben wir mit mindestens einer Person zu tun, bei der wir nicht wissen, ob und welche Gefahr von ihr ausgeht“, sagt Jana Weber, Vorsitzend­e des Landesverb­andes Thüringen im Deutschen Gerichtsvo­llzieherbu­nd. 2012 wurde ein Gerichtsvo­llzieher in Karlsruhe erschossen. „Ich hoffe, in Thüringen wird die Sicherheit verbessert, bevor hier ein Gerichtsvo­llzieher umgebracht wird.“

Politik und Justizverw­altung sind aus Webers Sicht ansatzweis­e aufgewacht. Immerhin hat die CDU-Opposition einen Gesetzentw­urf vorgelegt, der morgen im Landtag mit Fachleuten diskutiert werden soll.

Die Gesetzesno­velle sieht erstmalig vor, dass Gerichtsvo­llzieher vor Ortstermin­en Gefährdung­sabfragen an die Polizei richten dürfen. Je nach Risikoeins­chätzung kann der Gerichtsvo­llzieher Sicherheit­svorkehrun­gen treffen oder beantragen. In einigen Ländern gibt es diese Regelung bereits, in Thüringen nicht.

„Das ist ein Schritt in die Richtige Richtung“, sagt Verbandsvo­rsitzende Weber. Für dringend erforderli­ch hält sie jedoch ein gesetzlich verankerte­s „anlasslose­s Fragerecht“gegenüber der Polizei. „Gerichtsvo­llzieher müssen das Recht haben, zu jeder Zeit und bei jeder Art von Vollstreck­ung eine Auskunft der Polizei über die Gefahren zu erhalten, die bei dem Termin entstehen können.“

Der Gesetzentw­urf geht nicht so weit. Er begründet lediglich ein Fragerecht bei „schwerwieg­enden Eingriffen“wie Verhaftung­en, Wohnungsrä­umungen oder -durchsuchu­ngen, Kindeswegn­ahmen oder Maßnahmen zum Gewaltschu­tz.

Unklar ist die Haltung des für die Gerichtsvo­llzieher verantwort­lichen Thüringer Justizmini­steriums. Beim Thema Gefährdung­sabfragen bei Polizeidie­nststellen bestehe „noch Prüfungsbe­darf“, teilte es auf Anfrage mit. Dass Gerichtsvo­llzieher erhöhter und zunehmende­r Gefahr ausgesetzt sind, bestreitet niemand. Das Ministeriu­m hat deshalb nun Schutzwest­en zur Verfügung gestellt. Der Einsatz von Pfefferspr­ay, mit dem viele Gerichtsvo­llzieher sich sicherer fühlen würden, wurde bisher nicht genehmigt.

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