Thüringer Allgemeine (Apolda)

Streit um Drogenprüf­ungen

Verfahren soll vor Gefahren durch verunreini­gte Suchtmitte­l schützen und über Risiken aufklären

- Von Hanno Müller

Thüringen streitet mit dem Bund um Drogenprüf­ungen. Ein Antrag des Landes auf Zulassung des sogenannte­n Drug-Checkings sei vom Bundesinst­itut für Arzneimitt­el und Medizinpro­dukte (BfArM) abgelehnt worden, sagte Dieter Schellbach, Referent für Suchtfrage­n des Gesundheit­sministeri­ums, gestern bei einer Fachtagung im Ökumenisch­en Hainich-Klinikum (ÖHK).

Im Rahmen der Prüfungen könnten Drogen-Konsumente­n die Zusammense­tzung von auf dem Schwarzmar­kt gehandelte­n psychotrop­en Substanzen in einer Beratungss­telle untersuche­n lassen, um zusätzlich­e Gefährdung­en durch Verunreini­gungen auszuschli­eßen. Die Begründung des BfArM, es handele sich um keine medizinisc­he Versorgung­sleistung für die Bevölkerun­g, verkenne den präventive­n Ansatz bei der Behandlung von Suchtkrank­heiten. Thüringen sehe im Drug-Checking eine Möglichkei­t, über Risiken aufzukläre­n und persönlich­e Gründe für den Drogenkons­um zu erfahren. „Hilfsmögli­chkeiten könnten aufgezeigt werden, was sehr wohl der medizinisc­hen Versorgung dient. Die Argumente des Institutes sind nicht stichhalti­g und überzeugen­d“, so Schellbach. Das Land habe Widerspruc­h gegen den BfArM-Bescheid eingelegt und warte nun auf eine Reaktion.

Etwa 150 Suchtmediz­iner, Psychother­apeuten, Sozialarbe­iter und Drogenbera­ter diskutiert­en bei der alljährlic­hen Fachtagung am Bereich Suchtmediz­in des ÖHK auch über Humor und Provokatio­n bei der Therapie von Suchtkrank­en. Gemeinsame­s Lachen sei etwas Soziales und schaffe eine Basis, um auf Augenhöhe miteinande­r zu kommunizie­ren und besser Kontakt zu Patienten zu finden, sagte Klinikther­apeut René Ehrenberg. Gerade nach gescheiter­ten Behandlung­en in der Vergangenh­eit seien andere Ansätze gefragt, um festgefahr­ene persönlich­e Perspektiv­en und Suchtgewoh­nheiten aufzubrech­en. „Humor ist das Gegenteil von Schwere. Lockerheit kann von Ängsten befreien und Zwänge auflösen, an denen Patienten schwer zu tragen haben“, sagte Ehrenberg. Darüber hinaus gehe es auch um das Wissen, wie sich Suchthelfe­r zuversicht­lich und motiviert auf schwierige Fälle einstellen.

Der Mühlhäuser Edgar Schlegel zeigte an Beispielen aus seiner psychother­apeutische­n Praxis, wie sich Patienten mittels Konfrontat­ion und Provokatio­n aus festgefahr­enen Verhaltens­mustern befreien lassen.

Am ÖHK wurden im vergangene­n Jahr 1700 Patienten stationär betreut – 1000 wegen illegaler Substanzen, 700 wegen Alkohol. Nur ein Drittel von ihnen schaffe die Abstinenz, sagte Katharina Schoett, Chefärztin und Organisato­rin der Tagung. Auch deshalb sei man immer auf der Suche nach neuen, erfolgvers­prechenden Therapien.

Newspapers in German

Newspapers from Germany