Polizei-Einsatz auf dem Prüfstand
Das Innenministerium berichtet heute im Landtag über das Demonstrationsgeschehen am 1. Mai in Erfurt
Der 1. Mai sei in Erfurt friedlich verlaufen, resümierte nach mehreren Demonstrationen und einem großen Konzert am Landtag die Polizei. Inzwischenistklar,dieserTaghatein juristisches und politisches Nachspiel. Heute informiert das Innenministerium den Innenausschuss des Landtags über den Polizei-Einsatz und das Demonstrationsgeschehen.
Hauptstreitpunkt ist der Zwangsstopp eines Demonstrationszugs in der Viktor-ScheffelStraße kurz vor dem Landtag. Etwa 1500 Menschen steckten in der engen, mit Autos zugeparkten Straße zwischen Vorgärten und mehrstöckigen Wohnhäusern knapp anderthalb Stunden lang fest. Die von der Linken-Abgeordneten Katharina König-Preuss angemeldete Demonstration wollte zu einer gemeinsamen Kundgebung mit dem DGB vereinen.
Wegen des Stopps verpassten sie die Kundgebung mit Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Die Erfurter Ordnungsbehörde und die Polizei hatten entschieden, den 800 Anhängern der AfD den Vorzug einzuräumen. Die gut 1500 Demonstranten mussten warten.
Abgeordnete will gegen den Einsatz klagen
Die Versammlungsbehörde habe vor dem 1. Mai erfahren, dass Teilnehmer der von KönigPreuss angemeldeten Demonstration beabsichtigten, die Kundgebung der AfD zu blockieren, begründete Daniel Baumbach, Sprecher der Stadt Erfurt, die Entscheidung. Im Bereich der Löberstraße sei es auch zu „Durchbruchsversuchen über den Flutgraben auf die Aufzugstrecke der AfD“gekommen, fügte er auf Nachfrage an.
Polizisten drängten die bis zu 200 Demonstranten mit Pfefferspray und Schlagstöcken zurück.
Später begründete die Polizei den längeren Stopp mit einer kurzzeitigen Blockade der AfDDemonstration. Tatsächlich mussten gut zwei Dutzend Demonstranten von der Strecke getragen werden, weil sie sich auf die Straße gesetzt hatten.
Eine erste Information, dass das Verwaltungsgericht Weimar der AfD den Vorrang eingeräumt habe, ist nach Angaben von Gerichtspräsidentin Elke Heßelmann nicht zutreffend.
Katharina König-Preuss erhebt schwere Vorwürfe gegen die Erfurter Ordnungsbehörde und die Polizei. Sie spricht davon, dass die Polizei die Menschen in der Viktor-ScheffelStraße verbotener Weise eingekesselt habe.
Diesen Vorwurf weist die Polizei mehrfach zurück. Allerdings verweigert die Polizei seit dem 6. Mai auch weitere Angaben zum Einsatz in Erfurt. Sie will sich erst morgen erneut dazu äußern.
Nach Informationen dieser Zeitung liegen aktuell zu den Demonstrationen am 1. Mai 24 Strafanzeigen vor. 23 gegen Demonstranten des bürgerlichen und linken Spektrums. Eine gegen die Polizei. Die Einsatzkräfte hätten in 91 Fällen Zwangsmaßnahmen wie Pfefferspray und Schlagstöcke oder das Auflösen einer Sitzblockade eingesetzt. 14 Beamte sollen verletzt worden sein, konnten aber ihren Dienst fortsetzen. Das linke Spektrum spricht von etwas mehr als 100 Verletzten, zumeist durch Pfefferspray oder Schlagstöcke.
Katharina König-Preuss kritisiert eine „Behinderung der Versammlung“durch die Polizei. Die Staatsanwaltschaft Erfurt habe aber das Bearbeiten einer entsprechenden Anzeige abgelehnt, da keine Straftat gesehen werde, räumt die Politikerin ein. Dagegen sei Beschwerde eingereicht worden. Zudem werde nach ihren Worten eine Klage vorbereitet, um den gesamten Vorgang gerichtlich klären zu lassen.
Frust herrscht auch bei den Menschen der Viktor-ScheffelStraße. Mindestens ein Auto soll beim Zwangsstopp beschädigt worden sein. Zudem beklagen sie mehrfachen Landfriedensbruch, weil sich einige der Demonstrationsteilnehmer in den Vorgärten erleichtert haben sollen. Ob Anzeigen erstattet wurden, ist wegen des Schweigens der Polizei derzeit unklar.