Überschuldung – Strafe für Italien
Das Land steht vor Defizitverfahren der EU. Kommission leitet Schritte gegen Rom ein
Neue Unruhe in der Eurozone: Italien steht wegen seiner massiven Überschuldung ein Defizitverfahren der EU bevor – am Ende droht eine Milliarden-Strafe, vorher dürften aber schon die Finanzmärkte Italien abstrafen. Die EU-Kommission leitete am Mittwoch die ersten Schritte für ein solches disziplinarisches Verfahren ein. Die Entscheidung war erwartet worden, da Brüssel angesichts der Haushaltslage in Italien unter Handlungsdruck stand: Italien hat eine der höchsten Staatsverschuldungen der Welt angehäuft, die Summe von 2,3 Billionen Euro entspricht 132 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung – erlaubt sind nach den Euro-Stabilitätsregeln aber nur 60 Prozent. Die Regierung in Rom aus rechtsnationaler Lega und der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung müsste deshalb glaubwürdige Schritte zum Schuldenabbau einleiten, doch tatsächlich werden die Schulden dieses und nächstes Jahr steigen, weil die Regierung Steuersenkungen und höhere Sozialausgaben auf Pump finanzieren will.
Kommissions-Vizepräsident Valdis Dombrovskis sagte: „Italien zahlt heute für seinen Schuldendienst so viel wie für sein ganzes Bildungssystem.“Experten in Brüssel sind nicht überrascht: Die EU hatte schon vor einem halben Jahr ein Defizitverfahren vorbereitet und dann offenbar nur gestoppt, um der italienischen Regierung keine Munition im Europawahlkampf zu liefern. Die EU-Finanzminister müssen jetzt ihre Zustimmung geben, dann leitet die Kommission ein offizielles Verfahren ein. Bis die Finanzminister Italien tatsächlich eine Milliardenstrafe für die Regelverstöße aufbrummen könnten, ist es allerdings noch ein langer Weg mit insgesamt 17 Schritten – so weit ist die EU noch nie gegangen. Die Kommission hofft darauf, dass vorher die Finanzmärkte die Regierung zum Einlenken bringen.
Wie die Regierung in Rom reagiert, ist unklar: Premier Giuseppe Conte sagte in einer ersten Stellungnahme, er werde „bis zum Schluss die größtmöglichen Anstrengungen“unternehmen, um das Verfahren abzuwenden.
Die EU-Kommission ermahnte Deutschland erneut, private und öffentliche Investitionen anzukurbeln, vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene und mit Schwerpunkten auf Bildung, Forschung, Digitalisierung, Breitbandausbau, Energie und bezahlbaren Wohnraum. (ck)