Zwischen Fiktion und Realität
Bahnrad-Weltmeisterin Pauline Grabosch motiviert im Kinofilm „Madison“die Talente – und kämpft selbst um Olympia
Pauline Grabosch war gerade vom Grand Prix aus Moskau zurückgekehrt, als sie noch schnell ihre Sporttasche auf die Erfurter Radrennbahn brachte. Dort standen schon die Lkw mit der Technik wie Kameras und Mikrofone als sichtbares Zeichen für einen aufregenden Tag auf dem Oval, wo sie sonst ihre Trainingsrunden dreht. „Da habe ich schon eine gewisse Anspannung gespürt, schließlich habe ich noch nie solch eine Rolle übernommen und in einem Film mitgespielt“, sagt die 21Jährige, die bei den Dreharbeiten zum Kinofilm „Madison“im Rampenlicht steht.
Grabosch verkörpert bei ihrem Auftritt sich selbst – eine Bahnrad-Weltmeisterin. „Das war schon eine ungewohnte Aufgabe“, sagt die Sprinterin, die im Streifen nicht nur beim Training auf der Radrennbahn zu sehen sein wird, sondern auch im Beisein eines Trainers eine motivierende Ansprache an den Radsport-Nachwuchs halten darf. „Ich finde es sehr schön, dass in diesem Film mal nicht das Mountainbike oder das Rennrad, sondern eben auch der Bahnradsport eine Bühne bekommt“, sagt Grabosch.
In der fiktiven Geschichte, die seit dem 7. Mai in Bayern, Tirol und nun in Erfurt, Weimar und Gera gedreht wird, steht die 13 Jahre alte Madison im Mittelpunkt, die ihrem Vater und Radprofi nacheifern will. Verkörpert wird dieser von Florian Lukas, der aus dem Film Good By, Lenin oder der ARD-Serie „Weissensee“bekannt ist. Die deutsch-österreichische Produktion wird im kommenden Jahr in die Kinos kommen.
2020 soll aber nicht nur wegen ihrer Filmpremiere besonders werden. In 14 Monaten will die einstige Junioren-Weltmeisterin ihre olympische Premiere feiern. Wie turbulent der Weg nach Tokio aber sein kann, erlebte Grabosch im vergangenen Jahr. Bei der WM im Februar 2018 in Apeldoorn holte sie nicht nur WM-Gold im Teamsprint, sondern auch Bronze im Sprint. Ihr Abitur beendete sie mit Bravour, im Oktober ebnete die Bundeswehr ihr den Weg in eine sorgenfreie Zukunft.
Auf der anderen Seite aber steht der 26. Juni, als sie mit ansehen musste, wie Kristina Vogel auf der Bahn von Cottbus schwer verunglückte und sie selbst in ein Loch fiel. Ein paar Tage nach dem schrecklichen Unfall fuhr sie bei der deutschen Meisterschaft weit an ihren besten Leistungen vorbei und verzichtete einen Monat später auf den Start bei der Europameisterschaft. „Ich bin noch dabei, mich aus diesem Tief wieder herauszukämpfen“, sagt Grabosch, die bei der WM im März in Polen nur im 500-m-Zeitfahren zum Einsatz kam, während im Teamsprint neben Olympiasiegerin Miriam Welte (Kaiserslautern) diesmal Emma Hinze (Cottbus) den Vorzug bekam.
Jene Disziplin hat sie aber nicht aus den Augen verloren. Teil der deutschen Mannschaft zu sein würde nämlich auch eine Teilnahme an den Olympischen Spielen bedeuten. „Ich bin noch nicht dort, wo ich hin will und noch längst nicht in Top-Form. Aber ich kenne das Ziel“, sagt die Erfurterin, die als Ausgleich zum Sport ein Psychologie-Studium aufnehmen will.
Am ersten August-Wochenende werden die deutschen Meisterschaften in Berlin ein erster Meilenstein auf dem Weg zu den Weltcups im Herbst und Winter sowie der Heim-WM in Berlin (26. Februar bis 1. März 2020) sein, wenn es dann um die Qualifikation für die Olympischen Spiele geht. Ihr großer Traum ist es, das deutsche TeamsprintDuo an Position eins auf Medaillenkurs zu bringen.
Der Auftritt im Kinofilm „Madison“hat wunderbar Fiktion und Realität miteinander verbunden. „Ich stand vor der Kamera und habe den Talenten gesagt, dass man hart kämpfen muss, wenn man etwas erreichen will“, sagt Grabosch. Niemand könnte es in diesen Monaten besser wissen, als sie selbst.