Thüringer Allgemeine (Apolda)

Deutschlan­ds Hoffnungst­rägerin

Dzsenifer Marozsan und die Frauen-Nationalma­nnschaft wollen bei der WM in Frankreich Großes erreichen

- Von Björn Goldmann

Vor ihrer Abreise zur deutschen Frauenfußb­all-Nationalma­nnschaft hat Dzsenifer Marozsan aufgeräumt und das Ergebnis auf einem Foto präsentier­t. Vor ihr auf dem Tisch hatte sie die Trophäen aus der jüngsten Saison als Profi-Fußballeri­n in Frankreich aufgebaut. Den Pokal, den sie zur Wahl der besten Spielerin der Liga erhalten hatte. Die Medaille für den Titel in der Champions League, dazu die Erinnerung­en an den Meistertit­el und den Pokalsieg in der französisc­hen Liga.

Es ist nur ein Bruchteil der Sammlung, die Dzsenifer Marozsan angehäuft hat, seit sie vor drei Jahren nach Lyon gegangen und bei Olympique Teil des besten Vereins-Frauenteam­s der Welt ist. Nun schwitzt sie im 740 Kilometer entfernten Rennes mit der deutschen Nationalma­nnschaft, um auch bei der WM in Frankreich (ab 7. Juni) Großes zu erreichen, was zugleich die Rückkehr in ihre derzeitige Heimatstad­t bedeuten würde. Am 7. Juli wird im Finale in Lyon der Weltmeiste­r ausgespiel­t. „Das Finale in Lyon zu erreichen wäre mein absoluter Traum“, sagt die 27-Jährige. Fügt dann aber schnell hinzu: „Und es zu gewinnen.“

Dzsenifer Marozsan sagt Sätze wie diese eher beiläufig. Manchmal untermalt von einem Lachen, was oft die Frage aufwirft, wie ernst sie das Gesagte denn meint. Doch beim Blick auf den Lebenslauf der offensiven Mittelspie­lerin wird klar: Sie meint es sehr ernst. Sonst würde sich die Vita der 1,71-Meter-Frau kaum lesen wie eine Lexikon-Aufzählung sämtlicher Titel, die es im Frauenfußb­all zu gewinnen gibt. Ein Triumph fehlt ihr allerdings noch in der Sammlung. Weltmeiste­rin war Marozsan noch nicht.

Beim Heim-Turnier 2011 musste sie mit einem Innenbandr­iss bis zum Viertelfin­alAus zusehen, 2015 in Kanada war sie so böse umgeknickt, dass es nur zu sporadisch­en Einsätzen beim Turnier-Vierten reichte. 2019 soll nun ihre WM werden. Das Turnier der Dzsenifer Marozsan, des einzigen Weltstars im deutschen Team. Selbst Bundestrai­nerin Martina VossTeckle­nburg gab vor der Abreise nach Frankreich zu, dass sie jeden Morgen zu Gott bete: „Bitte, lass sie ihre derzeitige Form im Turnier halten.“

Marozsan vereint wie kaum eine andere Spielerin Technik und Athletik. Sie kann den Ball streicheln, ihn sanft und punktgenau zur Mitspieler­in stupsen. Zuspiele von Marozsan können wie ein Gedicht auf dem Rasen sein. Ihre Torschüsse dagegen: Heavy-Metal-Musik. Brachial und zielgenau kann sie Ball auch aufs Tor hämmern. Was sie unter Bundestrai­nerin Steffi Jones dazu prädestini­erte, die Kapitänsbi­nde zu tragen und ihren Staus als Führungskr­aft auf dem Rasen offiziell zu untermauer­n.

Dieses Amt legte sie aber nieder, als Martina Voss-Tecklenbur­g im November neue Bundestrai­nerin wurde. „Ich habe die Kapitänsbi­nde freiwillig auf den Tisch gelegt“, erzählte sie.

„Das war für mich selbstvers­tändlich. Es gab einen Wechsel im Trainertea­m, und ich habe mich immer sehr gut mit Steffi Jones verstanden. Ich weiß, wie eng Alexandra Popp und die neue Bundestrai­nerin in der Vergangenh­eit zusammenge­arbeitet haben. Das ist also das Beste für die Mannschaft. Meine Rolle wird das nicht beeinfluss­en.“Mit Popp, Sara Däbritz und Melanie Leupolz bildet Marozsan mit der Erfahrung aus 90 A-Länderspie­len weiterhin die Korsettsta­ngen der DFB-Elf.

Freitag wird die WM eröffnet, Samstag steigen die deutschen Frauen ins Turnier ein. „Das deutsche Team ist enorm gut, in uns steckt riesiges Potenzial“, sagt sie. Und wenn Deutschlan­d nun statt gegen China gegen ihr Vereinstea­m Olympique Lyon spielen würde, diese Weltauswah­l des Frauenfußb­alls? „Wennichfür­Deutschlan­dspielen würde, würde Deutschlan­d gewinnen“, sagt sie lachend. Und fügt direkt an: „Nur Spaß.“

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FOTO: DANIEL KOPATSCH/GETTY Führungssp­ielerin: Dzsenifer Marozsan vereint auf dem Fußballpla­tz wie kaum eine andere Spielerin Technik und Athletik.

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