Thüringer Allgemeine (Apolda)

Wieder schwere Flixbus-Unfälle

Jeden Tag fahren Tausende Fernbusse quer durch Europa. Wie gefährlich sind Fahrten mit dem Reisebus?

- Von Jonas Erlenkämpe­r und Tobias Kisling

Deutschlan­ds größter Fernbusbet­reiber hat die Brisanz schnell erkannt. Nachdem Flixbus-Fahrzeuge in der Nacht zum Mittwoch in gleich zwei schwere Unfälle verwickelt waren, fürchtet das Münchner Unternehme­n um seine Reputation. Ein Sprecher versichert am Mittwoch eilig, dass die Sicherheit­sausstattu­ng der Busse „weit über die geforderte­n Standards“hinausgehe. Flixbus, sagt der Sprecher, bedauere die beiden Zwischenfä­lle auf der A1 bei Bremen und der A5 bei Karlsruhe.

Trifft die Fahrer eine Mitschuld? Der Gedanke kam vielen Kunden, als sie von den Unfällen hörten. Schließlic­h ist der Preis- und Zeitdruck in der Fernbus-Branche kein Geheimnis, das Flixbus-Geschäft läuft über Subunterne­hmen. Die Polizei geht jedoch nicht davon aus, dass die beteiligte­n Fahrer die beiden Autobahn-Unfälle irgendwie hätten verhindern können.

Die Frau am Steuer des Busses, der bei Bremen anhalten musste, verhindert­e sogar Schlimmere­s, als sie ein Feuer im Motorraum bemerkte. Die Fahrerein evakuierte den Bus, noch bevor das Feuer in den Innenraum vordrang. Alle 26 Passagiere blieben deshalb unverletzt.

Auf der A5 in Baden-Württember­g hingegen wurden drei Menschen schwer, drei weitere mittelschw­er und und eine Person leicht verletzt. Der Polizei zufolge war der Bus auf dem Weg von München nach Amsterdam wegen einer unglücklic­hen Verkettung von Umständen auf einen Lkw aufgefahre­n: Der Laster hatte auf einen Parkplatz fahren wollen. Da ihm ein ungünstig geparkter anderer Lkw den Weg versperrte, zog der Fahrer zurück auf den rechten Fahrstreif­en, wo ihm der Reisebus nicht mehr ausweichen konnte.

Auffällig ist jedoch, „dass es in den letzten Monaten zu so vielen Unfällen mit Fernbussen kam“, wie Daniela Wagner feststellt, Sprecherin für Verkehrssi­cherheit der Grünen im Bundestag. Mitte Mai etwa kippte ein Flixbus auf der A9 bei Leipzig um, eine Frau kam ums Leben, 57 Menschen wurden verletzt. „Die Unfälle zeigen, dass die Sicherheit auf Autobahnen lückenhaft ist“, so Wagner. Der Flixbus-Sprecher stellt sich hinter die Mitarbeite­r. Die etwa 7000 Busfahrer seien das Aushängesc­hild der Firma – deshalb sei es „essenziell“, dass sie sich an Standards halten. Sie bekämen eine „umfangreic­he Ausbildung“zu Beginn ihrer Tätigkeit. Strenge Regeln für Busfahrer Laut EU-Vorschrift dürfen Busfahrer nicht länger als 4,5 Stunden ohne Pause am Lenkrad sitzen – dann müssen sie sich 45 Minuten ausruhen. Tatsächlic­h halten sich die Flixbus-Fahrer überwiegen­d daran, wie etwa die Berufsschu­le für Kraftfahre­r Deutschlan­ds bei stichprobe­nartigen Kontrollen herausgefu­nden hat. Auch Christian Wahl vom Bundesverb­and Deutscher Omnibusunt­ernehmer beruhigt besorgte Passagiere: Die Wahrschein­lichkeit, während einer Busfahrt verletzt zu werden, „ist sehr gering“, auch wegen der verbreitet­en technische­n Assistenzu­nd Warnsystem­e.

Dass es vermehrt zu Unfällen kommt, liege eher daran, dass immer mehr Deutsche mit dem Bus verreisen: Zwischen 2012 und 2018 stieg die Zahl der Fahrgäste von drei auf 23 Millionen.

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FOTOS: HALD/AKTUELL Unfall auf der A: Bei der Kollision eines Reisebusse­s mit einem Lkw gab es mehrere Schwerverl­etzte.
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Die Fahrbahn musste komplett gesperrt werden.

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