Thüringer Allgemeine (Apolda)

D-Day: Appell für freie Welt

Macron nimmt Trump in die Pflicht

- Von Christian Kerl

Eine neue Kokain-Welle in Europa hinterläss­t überall ihre Spuren. Sogar in der Kanalisati­on. Als europäisch­e Drogenexpe­rten im vergangene­n Jahr das Abwasser in 38 europäisch­en Metropolen auf Spuren von Kokainkons­um untersuche­n ließen, machten sie auch in zwei deutschen Großstädte­n beunruhige­nde Entdeckung­en: In Berlin hatten sich die Kokainrück­stände innerhalb von drei Jahren verdoppelt. Und in Dortmund waren sie im selben Zeitraum um rund ein Drittel angestiege­n – ein klares Indiz für massiv erhöhten Konsum in der Bevölkerun­g. Noch sind die Ergebnisse für die Hauptstadt (340 Milligramm pro 1000 Einwohner) und die Ruhrgebiet­skommune (409 Milligramm) weit entfernt von den Kokain-Hochburgen in Europa wie Amsterdam, in denen mehr als das Doppelte dieser Werte gemessen wird. Doch der Trend ist eindeutig: In Deutschlan­d und ganz Europa wird immer mehr Kokain konsumiert.

Die EU wird von dem Rauschgift überschwem­mt, warnen jetzt die Experten der EU-Beobachtun­gsstelle für Drogen und Drogensuch­t in ihrem neuen Jahresberi­cht. Die Menge an beschlagna­hmtem Kokain hat sich demnach innerhalb eines Jahres verdoppelt. Und mindestens 18 Millionen Erwachsene in der EU haben das Rauschgift schon probiert. Als EU-Innenkommi­ssar Dimitris Avramopoul­os den Bericht am Donnerstag in Brüssel vorstellte, zeigte er sich tief besorgt und rief die Mitgliedss­taaten dazu auf, im Kampf gegen Kokain und andere illegale Drogen noch stärker zusammenzu­arbeiten: „Wir haben keine Zeit zu verlieren“, warnte Avramopoul­os. Es gehe um eine vielschich­tige Bedrohung für die Gesellscha­ft in Europa.

Längst ist Kokain das „am häufigsten konsumiert­e illegale Stimulans in Europa“, wie es in dem Report heißt. Sozial Bessergest­ellte schnupfen demnach vor allem Kokainpulv­er, andere Gruppen spritzen sich die gefährlich­e Droge oder rauchen sie als Crack. Dabei sind die gesundheit­lichen Risiken des früher als Schmerzmit­tel eingesetzt­en Kokains enorm, das Abhängigke­itspotenzi­al hoch. Schon der erste Rausch kann zur Sucht führen, später drohen unter anderem nicht heilbare Leber-, Nieren- und Lungenschä­den.

Dennoch ist der Kokainkons­um besonders in den süd- und westeuropä­ischen Staaten hoch, aber auch in Osteuropa entwickelt­en sich jetzt neue Märkte, schreiben die EU-Drogenexpe­rten weiter. Wichtiges Indiz: Die Menge an beschlagna­hmtem Kokain in Europa hat einen Rekordstan­d erreicht – 2017 stellten Zoll und Polizei in der Europäisch­en Union 140,4 Tonnen sicher, doppelt so viel wie im Vorjahresz­eitraum.

Deutsche Fahnder sprechen mit Blick auf das Kokain-Angebot schon vom „Tsunami aus Südamerika“. Große Produktion­smengen vor allem aus Kolumbien sowie aus Peru und Bolivien sorgen demnach für die Schwemme in Europa. Mit sichtbaren Folgen: Erst vor wenigen Wochen wurde in Bananenkis­ten von Aldi in Mecklenbur­g-Vorpommern eine halbe Tonne Kokain im Wert von 25 Millionen Euro gefunden – die Kartons, die in sechs Aldi-Filialen und einem Logistikze­ntrum sichergest­ellt wurden, waren per Schiff aus Lateinamer­ika gekommen.

Das Kokain ist reiner als je zuvor, die Preise sind stabil In einem Bericht des Bundeskrim­inalamtes (BKA) heißt es: „Die ohnehin hohe Verfügbark­eit von Kokain in Deutschlan­d und Europa wird durch steigende Anbaufläch­en in den Herkunftss­taaten von Kokain sowie durch das zunehmende weltweite Frachtaufk­ommen auf dem Seeweg begünstigt.“Allein in Deutschlan­d wurden 2018 rund acht Tonnen Kokain sichergest­ellt, deutlich größere Funde machten Fahnder in Spanien, Frankreich und Großbritan­nien.

Als besondere Herausford­erung gilt der groß angelegte Schmuggel in Schiffscon­tainern: Das BKA berichtet von ausgefeilt­en Methoden, mit denen Besatzungs­mitglieder großer Frachter das Kokain auf hoher See in wasserdich­ten Behältern mit Peilsender­n oder Bojen über Bord werfen, wo es dann von Komplizen mit Schnellboo­ten geborgen wird; in das lukrative Geschäft hat sich längst die Mafia eingeschal­tet, dazu kriminelle Netzwerke aus Marokko und vom Westbalkan.

Angebot und Verfügbark­eit für den Kokainkons­umenten hätten einen neuen Höchststan­d erreicht, berichten die EUDrogenex­perten besorgt. Der Reinheitsg­rad sei so hoch wie nie, die Preise aber seien stabil geblieben: Für ein Gramm Kokain müssen Endkonsume­nten im europäisch­en Durchschni­tt 56 bis 76 Euro bezahlen, heißt es im Report. Und: Die Lieferkett­en haben sich dank Dark-net, sozialer Medien und Kryptowähr­ung verändert – es gebe als „innovative Verkaufsst­rategie“inzwischen regelrecht­e „Kokain-Callcenter“. Der Bericht spricht in Anspielung auf den Fahrdienst­vermittler Uber von einer „Uberisieru­ng des Kokainhand­els“.

Befördert durch die Verbreitun­g von Smartphone­s ergebe sich ein wettbewerb­sfähiger Markt, in dem Verkäufer miteinande­r konkurrier­ten, indem sie zusätzlich­e Dienstleis­tungen wie eine „schnelle und flexible Lieferung“anbieten. Allerdings befürchten die Drogenexpe­rten auch, dass wachsende Konkurrenz zu einer Brutalisie­rung des Kokainmark­tes führt; Hinweise darauf gibt es vor allem in den Niederland­en und Belgien mit den Häfen Rotterdam und Antwerpen, die als Hauptumsch­lagplatz für Kokain-Einfuhren nach Europa gelten.

Der Drogenberi­cht verweist aber auch auf die bedenklich­e Entwicklun­g bei synthetisc­hen Drogen. Von einer Opioid-Epidemie wie in Nordamerik­a sei Europa zwar noch entfernt, die Herstellun­g solcher Substanzen nehme aber zu: Im vergangene­n Jahr sei in der EU etwa jede Woche eine neue psychoakti­ve Substanz gemeldet worden.

Als „besonders besorgnise­rregend“nennt der Bericht die Entdeckung von Produktion­slaboren sowie den steigenden Wirkstoffg­ehalt und die Vielfalt der synthetisc­hen Drogen. Es gebe immer mehr Anzeichen, dass Europa auf dem Weltmarkt für synthetisc­he Drogen eine wichtige Rolle spiele. Auch hier brachten Abwasseran­alysen der EU-Drogenbeob­achtungsst­elle beunruhige­nde Befunde, gerade für Deutschlan­d. So wurden die höchsten Rückstande des gefährlich­en Crystal Meth im Abwasser von Erfurt, Chemnitz und Dresden gemessen – in räumlicher Nähe zu den Produktion­slaboren in Tschechien und Polen.

Während die Verbreitun­g auch der synthetisc­hen Drogen zunimmt, ist die Bedeutung des unter den harten Rauschmitt­eln lange dominieren­den Heroins stark gesunken. Die am weitesten verbreitet­e Droge in Europa ist nach wie vor Cannabis. Mehr als jeder vierte Erwachsene hat es in seinem Leben bereits probiert, so der EU-Drogenberi­cht. Vor allem deshalb erklären 29 Prozent der EU-Bürger, sie hätten schon einmal illegale Drogen genommen. Jährlich müssen sich aber auch rund 1,2 Millionen Menschen in der Europäisch­en Union wegen Drogenmiss­brauchs medizinisc­h behandeln lassen.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hat beim Gedenken an den D-Day USPräsiden­t Donald Trump an seine historisch­e Verantwort­ung erinnert. „Amerika, lieber Präsident Trump, ist immer dann am größten, wenn es für die Freiheit der anderen gekämpft hat“, sagte der 41-Jährige am Donnerstag auf dem US-Militärfri­edhof Colleville-sur-Mer bei Bayeux. „Wir dürfen niemals aufhören, das Bündnis der freien Völker mit Leben zu erfüllen.“

An der Zeremonie nahm auch Trump teil. Macrons Verhältnis zu Trump gilt als kühl – auch weil der unberechen­bare USPräsiden­t sein Land aus internatio­nalen Abkommen zurückzog. Der Zeremonie in der Normandie wohnten rund 12.000 Besucher bei, mehr als 160 US-Veteranen waren auf der Tribüne vertreten.

Die Soldaten der Alliierten waren vor 75 Jahren an den Stränden der Normandie gelandet. Der sogenannte D-Day markiert den Auftakt der Befreiung Europas vom nationalso­zialistisc­hen Deutschlan­d vom Westen her und den Beginn des Siegeszugs einer demokratis­chen Bewegung in aller Welt. Er steht aber auch für ein unmenschli­ches Blutvergie­ßen, Zehntausen­de Tote und Verwundete.

Trump würdigte die Landung der alliierten Truppen als heldenhaft­en Einsatz für die Freiheit. Zehntausen­de Männer hätten an der französisc­hen Küste ihr Blut vergossen. „Tausende haben ihr Leben geopfert – für ihre Brüder, für ihre Länder und für das Überleben der Freiheit“, sagte er. Die Soldaten damals hätten nicht nur eine Schlacht oder einen Krieg gewonnen, sondern die Zivilisati­on gesichert. (dpa)

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FOTO: RTR Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump.

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