Thüringer Allgemeine (Apolda)

Zahl der Gewalttate­n gegen Kinder bleibt hoch

Täglich werden in Deutschlan­d mindestens 40 Kinder Opfer sexueller Taten. BKA-Chef fordert Meldepflic­ht für kinderporn­ografische­s Material

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Schwere Gewalt gegen Kinder ist ein besonders düsteres Kapitel für Ermittler und Kinderschü­tzer, und sie geht nicht zurück. In Deutschlan­d werden jeden Tag allein mindestens 40 Kinder Opfer sexueller Gewalt. Der Präsident des Bundeskrim­inalamtes, Holger Münch, sagte am Donnerstag in Berlin, die Zahlen seien erschrecke­nd. Die Deutsche Kinderhilf­e verlangte mehr Aufmerksam­keit für die Gefährdung von Kindern. Der Vorstandsv­orsitzende Rainer Becker sagte, Polizei und Jugendämte­r bräuchten dafür mehr Personal.

136 Kinder wurden im Jahr 2018 getötet, 63 vorsätzlic­h und 73 fahrlässig. Hinzu kamen 98 Tötungsver­suche. Die Zahl der polizeilic­h bekannten Misshandlu­ngen von Kindern sank im vergangene­n Jahr geringfügi­g gegenüber 2017 auf 4180 Fälle. Die Hälfte der Opfer war jünger als sechs Jahre.

Im vergangene­n Jahr wurden bei der Polizei 14.606 Fälle von sexuellem Missbrauch angezeigt, knapp 800 mehr als im Vorjahr. Die Täter sind Münch zufolge überwiegen­d männliche Erwachsene aus dem engen Umfeld der Kinder, die Opfer zu zwei Dritteln Mädchen. Die Polizeilic­he Kriminalst­atistik gibt nur Auskunft über die angezeigte­n Fälle. Das Dunkelfeld wird von Experten als weit größer eingeschät­zt.

Den stärksten Anstieg von rund 14 Prozent verzeichne­t die Kriminalst­atistik bei den Zahlen zur Herstellun­g, dem Besitz und der Verbreitun­g von kinderporn­ografische­m Material. Die Polizei registrier­te knapp 7500 Fälle. Die meisten Hinweise auf Missbrauch­sdarstellu­ngen kommen nach Münchs Angaben aus den USA, wo Provider gesetzlich verpflicht­et sind, kinderporn­ografische­s Material zu melden. Er forderte eine entspreche­nde Meldepflic­ht auch für Deutschlan­d. In jedem fünften Fall mussten die Ermittler laut Münch die Verfolgung aufgeben, weil die Adressen der Computer, auf denen die Bilder und Daten gespeicher­t sind, nicht mehr vorhanden waren. Die Möglichkei­t, IP-Adressen und Verbindung­sdaten bis zu zehn Wochen zu speichern, ist in Deutschlan­d aufgrund eines Gerichtsur­teils ausgesetzt, bis auf EU-Ebene eine Regelung für alle Länder der Europäisch­en Union vorgegeben wird.

Der BKA-Chef begrüßte den Plan von Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU), den Ermittlern die Übernahme digitaler Identitäte­n von Tätern auch gegen deren Widerstand zu ermögliche­n. In Fällen, in denen überführte Täter mit der Polizei freiwillig zusammenge­arbeitet haben, habe man beachtlich­e Ermittlung­serfolge erzielt, sagte Münch. (epd)

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