Neue Idee, alte Reflexe
Die Nachricht ist erst ein paar Stunden alt. Und schon funktionieren die bekannten Reflexe. Böse Brause, guter Aufsteiger. Neureich gegen Tradition. Die Kritik an der geplanten Kooperation zwischen dem SC Paderborn und RB Leipzig kommt so schlicht wie abgenudelt. Man darf das Projekt der roten Bullen gern kritisch sehen. Doch platte Maschinenstürmerei – alle sind gut, nur RB ist böse – langweilt auf Dauer. Mit reiner Liebe schafft es kein Verein in die Spitze der Bundesliga.
Zunächst: Eine Zusammenarbeit, mit Scouting und Hospitationen, kann für beide Seiten von Nutzen sein. Dass es so etwas bisher in der Fußball-Bundesliga nicht gab, macht die Sache nicht automatisch schlecht. Wege zum Erfolg brauchen immer neue Ideen. Und Vereine ein Netzwerk. Was wäre, wenn es um eine Kooperation von Paderborn und Dortmund ginge? Würden die Fans dann auch auf die Barrikaden gehen?
Dennoch – und diesen Vorwurf muss sich die deutsche Fußball-Liga gefallen lassen, deren Regularien das erlauben – steckt in dem Deal die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung. Nicht nur, dass Spieler bei Bedarf geparkt und transferiert werden können. Vor allem ja spielen beide Mannschaften in der gleichen Liga.
Das macht das Miteinander pikanter als jene, die auch anderswo nicht im besten Ruf stehen. Etwa das zwischen Vitesse Arnheim in den Niederlanden und Euro-League-Gewinner Chelsea London. Dort ist es die Bekanntschaft zwischen Chelsea-Boss Abramowitsch und Arnheims Besitzer Tschigirinski, hier der Wechsel von SC-Manager Krösche nach Leipzig.
Demokratie im Verein heißt nicht, vorher alles abzufragen. Damit hat Paderborns Präsident zweifellos recht. Das gilt übrigens nicht nur für Vereine.
Aber er hat genauso recht, wenn er einräumt, dass man Inhalte der Kooperation vorher hätte öffentlich machen sollen. Gilt ebenso nicht nur für Vereine. Doch Transparenz ist, leider, nicht unbedingt eine Stärke der Starken. Und auch das gilt längst nicht nur im Fußball.
Manchmal sagen Zahlen mehr als Worte: Neun Spielorte, 24 Mannschaften, 31 Tage, 52 Spiele – das ist die FußballWM der Frauen in Frankreich, die heute mit der Partie zwischen den Gastgeberinnen und Südkorea (21 Uhr/ZDF live) beginnt. Doch wer sind die Stars, in welchem Modus wird gespielt und welche Sender übertragen?
Nach der enttäuschenden Zeit unter Steffi Jones musste Horst Hrubesch den deutschen Frauen Selbstvertrauen und die taktische Linie zurückgeben. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, die unter anderem beim FF USV Jena in der 1. Bundesliga Trainererfahrungen sammelte (2011/12), setzt diesen Kurs mit klarem Plan und Kompetenz fort. Die letzte Niederlage (0:3 gegen Frankreich) liegt inzwischen eineinhalb Jahre zurück. Allerdings befindet sich die verjüngte Elf im Umbruch. VossTecklenburg setzt sie nicht unter Druck. Hauptziel ist die Olympia-Qualifikation 2020. Dafür muss ein Platz unter den besten Es geht eng zu an der Weltspitze. Titelverteidiger USA, Gastgeber Frankreich oder Norwegen? Sogar Voss-Tecklenburg will sich nicht festlegen. „Die Leistungsdichte ist viel größer geworden. Sechs bis acht Mannschaften haben das Potenzial, den Titel zu gewinnen“, sagt die Bundestrainerin. Neben dem eingangs erwähnten Trio ist auch Europameister Niederlande, Spanien, England, Schweden, Australien oder Brasilien der Titel zuzutrauen. Und Deutschland, dem zweimaligen Weltmeister? Als einer der Mitfavoriten wird auch die junge DFB-Elf gehandelt.
Die wohl bekannteste Spielerin dieser WM ist die sechsmalige Weltfußballerin Marta. Aber das brasilianische Team bangt um den Einsatz der 33-Jährigen, seit sie sich im Trainingslager eine Muskelverletzung zugezogen hat. Ob und wann die Angreiferin spielt, wird sich wohl kurzfristig entscheiden. Bei den USA stehen Torjägerin Alex Morgan und Wirbelwind Megan Rapinoe im Mittelpunkt. Gastgeber Frankreich setzt auf die imposante Erscheinung von Abwehrchefin Wendie Renard (1,87 Meter). Die Niederländerin Lieke Martens war 2017 Weltfußballerin. Einzige Deutsche auf der Liste der großen Namen ist Dzsenifer Marozsan. Die 27-Jährige ist einer der Leistungsträgerinnen von Olympique Lyon und dominiert mit diesem Klub seit Jahren den europäischen Vereinsfußball. Ein Star fehlt übrigens: Die amtierende Weltfußballerin Es gibt sechs Vorrundengruppen mit je vier Teams. Die beiden Gruppenbesten und die vier besten Drittplatzierten erreichen das Achtelfinale. Dann geht es im üblichen K.o.-Modus weiter. Voss-Tecklenburg nicht grundlos von einer „Tour de France“. Denn die WM wird in den neun Spielorten Grenoble, Le Havre, Lyon, Montpellier, Nizza, Paris, Reims, Rennes und Valenciennes gespielt. Was bedeuten kann, dass es kreuz und quer durch Frankreich geht. Das deutsche Team startet in Rennes gegen China, spielt danach im 600 Kilometer entfernten Valenciennes gegen Spanien und muss dann 1000 Kilometer bis Montpellier zur Partie gegen Südafrika reisen. Dennoch sagt Voss: „Wir spielen in wunderschönen Städten in tollen Stadien. Wir freuen uns auf diese Reise.“
Die wichtigstes Neuerung gleich vorweg: Ein Jahr nach der Premiere bei der Männer-Weltmeisterschaft kommt der Videobeweis auch bei den Frauen zum Einsatz. Das deutsche Bundesliga-Trio Felix Zwayer, Bastian Dankert und Sascha Stegemann sitzt an den Monitoren. Auf dem Feld sind allerdings nur Schiedsrichterinnen im Einsatz, darunter die deutschen Unparteiischen Bibiana Steinhaus und Riem Hussein. Katrin Rafalski kommt als Assistentin hinzu.
Sollten die deutschen FußballFrauen den WM-Titel gewinnen, bekäme jede Spielerin vom Deutschen Fußball-Bund eine Prämie von 75.000 Euro – so viel wie nie zuvor. Die leistungsbezogene Regelung sieht vor, dass der WM-Triumph mit jeweils 65.000 Euro honoriert wird, dazu käme ein Bonus von 10.000 Euro für die erfolgreiche Qualifikation für Olympia 2020.
Das deutsche Auftaktspiel gegen China am Samstag zeigt die ARD. Moderator ist Claus Lufen, der von Ex-Nationalspielerin Nia Künzer unterstützt wird. Deutschland gegen Spanien am 12. Juni läuft im ZDF, das auf Moderator Sven Voss und wechselnde Expertinnen setzt. Das letzte Vorrunden-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Südafrika am 17. Juni überträgt wieder die ARD. Kommt das deutsche Team weiter, zeigen die beiden Sender abwechselnd die Spiele. Das Finale wäre dann in der ARD zu sehen. Übertragen werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen aber auch das heutige Eröffnungsspiel sowie 15 weitere Partien. Die übrigen Spiele laufen auf sportschau.de und ZDFsport.de sowie bei DAZN.