Thüringer Allgemeine (Apolda)

Unfreiwill­ig Bürgermeis­ter

Bei den Stichwahle­n am Sonntag gehen manchmal Kandidaten ins Rennen, die eigentlich gar kein Amt anstreben

- Von unseren Reportern

In Vierzehnhe­iligen ist Dieter Richter mit 66 Stimmen als Bürgermeis­ter bestätigt worden. 100 Prozent notiert das zuständige Landesamt in seiner Statistik. Dass es so glatt läuft wie in dem Ortsteil von Jena, ist aber die Ausnahme.

Zwar ist die Mehrzahl bei den Kommunalwa­hlen vor zwei Wochen gekürt worden. Gleichwohl kommt es oftmals zur Stichwahl. Kurios dabei: Manchmal gehen Kandidaten ins Rennen, die sich im Gegensatz zu Richter, der freiwillig antrat, nie um ein Amt beworben haben.

Im Sömmerdaer Ortsteil Orlishause­n/Frohndorf beispielsw­eise gab es im ersten Wahlgang keine Bewerber. Die Wahlberech­tigten schrieben deshalb ihre Favoriten selbst auf die Stimmzette­l. Weil niemand von ihnen die nötige Mehrheit erhielt, stehen am Sonntag mit Matthias Werner und Heike Streckhard­t (beide Bürgerbünd­nis) diejenigen erneut zur Wahl, die vor 14 Tagen vorne lagen.

Das gleiche Schauspiel ist im Südeichsfe­ld zu beobachten (TA berichtete): In Lengenfeld unterm Stein konkurrier­en ungewollt Sandro Richardt und Karl-Josef Hardegen (CDU) um den Ortsteilbü­rgermeiste­rposten, in Diedorf Tino Feigenspan (CDU) und Uwe Metz (Bürgervere­inigung).

In Stempeda (Landkreis Nordhausen) lief die Wahl mit den zunächst leeren Stimmzette­ln genauso ab. Am Pfingstson­ntag sollen die Bürger deshalb entscheide­n, ob Marlen Eckert oder der haushoch Erstplatzi­erte Ricardo Roßmell Ortsteilbü­rgermeiste­r werden soll. Während sie die Wahl annehmen würde, zögert er. Und warum? Familie, Selbststän­digkeit und Frust über die Zusammenar­beit mit der Stadt Nordhausen, nennt Roßmell. Argumente wie Zeitmangel aus privaten und berufliche­n Gründen oder wenig Lust, sich mit der Verwaltung­sbürokrati­e rumzuärger­n, sind oft zu hören, wenn es darum geht, weshalb jemand vor einem kommunalen Wahlamt zurückschr­eckt.

Offiziell sehen es die gesetzlich­en Regelungen nicht vor, die Kandidaten vor der Stichwahl zu befragen, ob sie das Amt annehmen würden. Erst mit der schriftlic­hen Benachrich­tigung durch die Gemeinde hat der Gewählte eine Woche Zeit, zu widersprec­hen. Meldet er sich nicht, gilt die Wahl als angenommen. Wird die Wahl abgelehnt, muss dem Wahlgesetz zufolge der Ortschafts­rat aus seinen Reihen einen ehrenamtli­chen Ortsbürger­meister wählen. Findet sich auch dort niemand, übernimmt der hauptamtli­che Bürgermeis­ter.

Soweit könnte es auch im Weimarer Land kommen. In Mattstedt fällt die Entscheidu­ng in Runde zwei zwischen dem Amtsinhabe­r Andreas Schuchert und Lutz Kalisch. Offiziell kandidiert hatte am 26. Mai keiner von beiden. Im zu Arnstadt gehörenden Siegelbach (IlmKreis) gehen der bisherige Ortsteilbü­rgermeiste­r Karl-Heinz Trefflich und der Zweitplatz­ierte Björn Kirchner ins Stechen – obwohl keiner von beiden wollte. Trefflich hatte schon vor fünf Jahren nicht mehr kandidiert, sich dann jedoch breitschla­gen lassen, als er gewählt war.

Auch in zwei Erfurter Ortsteilen wurden auf den blanken Stimmzette­ln Namen notiert: In Bindersleb­en tritt Frank Remde gegen Stephan Niedling, in Molsdorf Wolfgang Friebel gegen Michael Schönau an.

Im Kyffhäuser­kreis in Grüningen, einem Ortsteil von Greußen, ist Anita Köhler eine der unfreiwill­igen Stichwahlk­andidaten. Sie hat ihren Verzicht bereits erklärt. Ihr Konkurrent Dietmar Jakobshage­n will nun doch weiter Ortsteilbü­rgermeiste­r bleiben, wenn er gewinnt.

Das Amt gibt es aber ohnehin nur noch bis zum Jahreswech­sel. Dann will Greußen mit Großenehri­ch und Wolferschw­enda zur Landgemein­de verschmelz­en. Und Grüningen verschwind­et aus der Ortschafts­karte.

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