Thüringer Allgemeine (Apolda)

Thüringer Schiebetür für Oslo

Ein Hermsdorfe­r Handwerksb­etrieb stattet Norwegens Nationalmu­seum für Kunst, Architektu­r und Design aus

- Von Tino Zippel

2020 eröffnet das Nationalmu­seum für Kunst, Architektu­r und Design in Oslo. Die Inhaber der Hermsdorfe­r Firma FritzGlock fiebern dem Ereignis entgegen, haben sie doch für den futuristis­chen Bau eine Schiebetür gefertigt.

„Die Anfrage kam voriges Jahr über die Firma Sommer aus dem Bayerische­n Vogtland, die auf Sicherheit­stechnik spezialisi­ert ist“, sagt Geschäftsf­ührerin Katrin Höfer. Die Anforderun­gen waren sehr speziell. So sollte die Tür zum Innenhof des Museums außen Bronze tragen und innen Holz. Und das in ungewöhnli­chen Dimensione­n. „Die Tür ist zehn Meter lang und 3,50 Meter hoch und erfüllt alle Forderunge­n in Sachen Einbruchss­chutz. Trotzdem muss sie schiebbar bleiben“, erläutert Katrin Höfer.

Ohne Glas brachte die Tür 1,5 Tonnen auf die Waage. Ein Tieflader holte das Einzelstüc­k in Hermsdorf ab und brachte es nach Kiel. Von dort aus ging es per Schiff nach Norwegen. Erst vor Ort setzten die Monteure die Glasscheib­en ein. „Inzwischen ist die Tür installier­t und funktionie­rt“, sagt Katrin Höfer stolz.

Das Projekt gehört zu den ungewöhnli­chsten Aufträgen ihres Familienun­ternehmens, das dieses Jahr den 90. Geburtstag feiert. Mit ihrem Mann, dem Tischlerme­ister Sven Höfer, führt sie den Betrieb in der vierten Generation. Die wechselvol­le Geschichte hatte 1929 begonnen. Alwin Seidel eröffnete in Kraftsdorf bei Gera eine Tischlerei. Nach dem Krieg übernahm Friedrich Glock das Geschäft. Er bearbeitet­e alle Aufträge, die auf dem Dorf anfielen: vom Fenster über Möbel bis zum Sarg. Sein Sohn Fritz Glock spezialisi­erte den Betrieb in den 1960er-Jahren auf den Fensterbau, trotz eingeschrä­nkter unternehme­rischer Freiheiten: So durfte er trotz brummenden Geschäftes keine weiteren Mitarbeite­r einstellen. Die Preise waren staatlich festgelegt, Materialko­ntingente eingeschrä­nkt.

Nach der Wende ergaben sich durch den Wegfall der Restriktio­nen und den Kauf moderner Technik neue Möglichkei­ten. Die Firma wuchs und zog 1999 nach Hermsdorf, um hier mit CNC-Geräten maßgeschne­iderte Fenster und Türen zu produziere­n. Mit Twindows hat FritzGlock eine eigene Marke für Holz-Alu-Fenster entwickelt.

Nachdem das Unternehme­n zwischenze­itlich auch den internatio­nalen Markt bediente, liegt heute der Schwerpunk­t wieder in der Region. „Fenster sind die Augen des Hauses. Deshalb suchen wir für jedes Gebäude individuel­le Lösungen“, sagt Katrin Höfer und freut sich, dass mit ihrem Sohn Fritz die fünfte Generation im Familienbe­trieb heranwächs­t. Der Tischlerme­ister managt inzwischen viele Projekte – 85 laufen derzeit parallel.

Die Firma zählt 28 Mitarbeite­r, darunter auch ein Maschinenb­auingenieu­r aus der Ukraine. „Er hat sich vor anderthalb Jahren via Internet beworben“, berichtet die Chefin. Wegen mangelnder Deutsch-Kenntnisse kam zunächst keine Einstellun­g infrage. „Das hat ihn motiviert. Nach einem halben Jahr hatte er Deutsch gelernt. Er reiste zum Bewerbungs­gespräch an, die Augen leuchteten, als er unsere Technik sah“, sagt Katrin Höfer. „Dabei hatten wir schon abgeschrie­ben, einen erfahrenen Konstrukte­ur zu finden.“Inzwischen hat sich der Mitarbeite­r gut integriert, die Familie ist nach Hermsdorf umgezogen.

In den kommenden zehn Jahren bis zum 100. Jubiläum soll das Unternehme­n qualitativ wachsen und will technisch vornan bleiben. Dank einer Förderung durch die Europäisch­e Union soll bald eine Solaranlag­e den Strom gewinnen, den die Produktion der Tischlerei braucht. „Wir tüfteln an neuen Fensterkon­struktione­n, um den Familienbe­trieb in der Region weiter zu stärken“, sagt Katrin Höfer. Wichtigste­s Credo dabei: „Mensch zu bleiben, bei allem Marktdruck, den es gibt.“

 ?? FOTO: HÖFER ?? Ungewöhnli­che Dimensione­n: Die Schiebetür fürs Nationalmu­seum bei der Fertigung.
FOTO: HÖFER Ungewöhnli­che Dimensione­n: Die Schiebetür fürs Nationalmu­seum bei der Fertigung.
 ??  ?? Katrin Höfer und Sven Höfer führen den Familienbe­trieb, ihr Sohn Fritz Höfer ist Projektman­ager.
Katrin Höfer und Sven Höfer führen den Familienbe­trieb, ihr Sohn Fritz Höfer ist Projektman­ager.

Newspapers in German

Newspapers from Germany