Kompositionen eines virtuosen Wettiner-Prinzen
Thüringer Bach-Collegium präsentiert seine Debüt-CD
Herzogin Anna Amalia hat es getan und der preußische König Friedrich der Große selbstredend auch: Beide haben Musik komponiert, denn in Zeiten des aufgeklärten Absolutismus gehörten humanistische Bildung und die Liebe zur Kunst zum guten Ton unter derart gesinnten Blaublütern. Den Prinzen Johann Ernst IV. von Sachsen-Weimar (1696–1715), dessen allzu kurzes Leben in den Barock datiert, hat indes kein heutiger Musikliebhaber auf dem Zettel.
Dies ändert nun die erste CD-Aufnahme des frisch gegründeten Thüringer Bach-Collegiums fundamental. Sie präsentiert unter anderem die „Six Concerts à un Violon concertant“aus der Feder des hochbegabten Wettiner-Prinzen – und prompt, beim ersten Hören, ist man schon eingenommen für diese besonnte, herzhaft lebensbejahende Virtuosität des Weimarischen Knaben mit italianeskem Gestus. Mag sein, dass Telemann und dass sogar Bach, dessen erstes Weimarer Engagement in die Kindertage des Prinzen fiel, Pate gestanden haben. Gleichwohl es sich bei den Kompositionen des sowohl im Cembalo- als auch Violinspiel unterwiesenen Jünglings um schiere, effektsichere Unterhaltungsmusik handelt, fällt sie im Niveau gegenüber den meisten der bekannten zeitgenössischen Größen keineswegs ab.
So überraschend das unstandesgemäße Treiben des adligen Sprosses in voraufgeklärter Epoche, so entzückend die Interpretation der Concerti durch Gernot Süßmuth und seine Freunde. Der Konzertmeister der Staatskapelle Weimar hat das Ensemble ad libitum gegründet; die meisten Mitspieler stammen aus demselben Orchester. Dessen unwiderstehlicher Klangsinn schimmert nun bis in die Barockmusik durch, und die enthemmte Spiellust der von der Leine gelassenen Bach-Collegen bereitet dem Hörer nichts als das pure Vergnügen. Chapeau!
Den ernsten Hintergrund des herrlichheiteren Debüts für das Thüringer BachCollegium bildet der frühe Tod seines Schirmherrn Prinz Georg Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach (1977– 2018), dem die CD gewidmet ist. So bleibt das Gute, Wahre, Schöne in der Familie.