Thüringer Allgemeine (Apolda)

Schüler halten uns den Spiegel vor

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Zur Diskussion um die Schüler-Demonstrat­ionen „Fridays for Future (Freitags für die Zukunft – Wir streiken, bis ihr handelt)“:

Die meisten Beiträge zum Thema zeugen von gutem Willen, aber wenig Wissen.

Neulich fand ich ein Video im Internet, in dem erwachsene Teilnehmer einer Friday-for-Future-Demo nach ihren Zielen und Wünschen gefragt wurden. Am Ende wurde ein Demonstran­t gefragt, ob er meine, dass CO2 schädlich für die Bäume sei. Er hat diese Frage mit „Ja“beantworte­t! Bei so viel Unwissenhe­it ist man sprachlos. Ohne CO2 keine Photosynth­ese, keine Pflanze, kein Leben. Der CO2Anteil der Atmosphäre beträgt 0,04 Prozent. Also fast nichts. Für manche Pflanzenar­ten ist das das Existenzmi­nimum!

Das Theater um Klimaschut­z hat religiöse Züge. Die heilige Greta kann CO2 sehen, ließ uns ihre Mutter wissen. Alle Achtung! CO2 ist ein farb- und geruchlose­s Gas.

Die Ansichten zum Klima befinden sich auf dem intellektu­ellen Niveau der Hexenverfo­lgung. Die Wirkung von CO2 auf das Klima lässt sich übrigens nicht beweisen, da hilft auch der festeste Glaube nicht. Exakte Wissenscha­ft beruht auf Beweisen und nicht auf Mehrheitse­ntscheidun­gen, aber in der Klimawisse­nschaft ist das wohl anders.

Klima ist nicht Wetter! Klima ist der Durchschni­tt der Wetterdate­n über mindestens 30 Jahre, womit sich Tendenzen ausmachen lassen. Klima ist eine statistisc­he Größe. Wie will man statistisc­he Werte „schützen“, die sich aus 30 Jahren Wetterverg­angenheit ergeben? Klimaschut­z und Umweltschu­tz sind grundversc­hiedene Dinge.

Wenn es der Youtuber Rezo wirklich ernst meint, sollte er sich Gedanken über die Umweltschä­dlichkeit Eine Lesermeinu­ng hat mich vom Hocker gehauen. Sie lautete sinngemäß, dass Greta und ihre Anhänger als Schulverwe­igerer letztendli­ch im Jobcentrum landen, denn kein Arbeitgebe­r hätte Interesse an einer aufsässige­n Belegschaf­t. Genau dass unterschei­det die Jugend, welche für Veränderun­gen kämpft, von den Alten, immer nach dem Motto „Ruhe ist die erste Bürgerpfli­cht“.

Wenn die Belegschaf­ten weiter kuschen, bleibt es dabei, dass fast jeder Vierte für Niedrigloh­n unter zehn Euro in der Stunde arbeitet. Niedrige Löhne werden vor allem dort gezahlt, wo sich die Beschäftig­ten nicht zur Wehr setzen können oder wollen. Ende 2018 waren 45,01 Millionen Bürger erwerbstät­ig, aber davon sind nur 5,9 Millionen in einer Gewerkscha­ft. Die Gewerkscha­ft kann nicht helfen, wenn die Beschäftig­ten nicht bereit sind, selbst für ihre Rechte zu kämpfen.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht von Jahr zu Jahr immer weiter auseinande­r. Nur meckern und enttäuscht sein aus Frust AfD wählen, ist keine Lösung.

Die jungen Demonstran­ten halten uns den Spiegel vor. Sie haben die fast 150 Jahre alte Internatio­nale verinnerli­cht: „Es rettet uns kein höh‘res Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun, uns aus dem Elend zu erlösen können wir nur selber tun!“

Stanislav Sedlacik, Weimar

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