„Die Perversion der Wegwerfgesellschaft“
Grünen-Fraktionschefin Göring-Eckardt will Warenvernichtung bei Amazon stoppen
Die Grünen wollen Online-Versandhändlern wie Amazon verbieten, neuwertige Waren zu vernichten, die von ihren Kunden zurückgeschickt werden. „Wir erleben eine Perversion der Wegwerfgesellschaft“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt unserer Redaktion. „Da ist der Staat gefordert.“Göring-Eckardt stellte einen Drei-Punkte-Plan vor: „Erstens: Dem Online-Handel wird verboten, neuwertige Produkte, die zurückkommen, zu vernichten.“Zweitens sollten zurückgeschickte Produkte, die nicht mehr in den Verkauf können, verschenkt werden – etwa über Sozialkaufhäuser. Drittens, so Göring-Eckardt, müssten die Rohstoffe zurück in den Wertstoffkreislauf.
Im Schnitt werde jedes sechste Paket zurückgeschickt, rechnete die Fraktionsvorsitzende vor. Das seien annähernd 500 Millionen Produkte im Jahr, vor allem Schuhe und Kleider, aber auch Kaffeeautomaten, Waschmaschinen oder Handys. „Viele von ihnen werden nach der Rücksendung komplett vernichtet“, kritisierte Göring-Eckardt. „Dabei handelt es sich um neuwertige Produkte, die voll funktionsfähig sind und höchstens einen Kratzer haben.“
Greenpeace betonte, man fordere seit der Enthüllung dieser „gängigen Vernichtungspraktik“im Sommer 2018 ein umfassendes Ressourcenschutzgesetz von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Dieses sollte neben einem Verbot der Vernichtung neuwertiger oder voll funktionstüchtiger Konsumgüter etwa auch die steuerliche Förderung von Reparaturleistungen beinhalten.
Forscher der Universität Bamberg hatten ermittelt, dass die Bundesbürger bei Bestellungen im Internet im vergangenen Jahr 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel zurückgeschickt hätten. Bei Kleidung und Schuhen ging sogar fast die Hälfte der Pakete zurück. Die Retouren belasten durch das zusätzliche Transportaufkommen das Klima, die Kosten müssen einerseits die Kunden durch höhere Marktpreise tragen, andererseits erzielen die E-CommerceHändler geringere Margen.
Nach Erkenntnis der Forscher landen rund vier Prozent der zurückgeschickten Artikel im Müll. Gut 79 Prozent werden direkt wieder als A-Ware verkauft, 13 Prozent als B-Ware. Drei Prozent würden an industrielle Verwerter verkauft oder an gemeinnützige Organisationen gespendet. Marktführer Amazon erklärte dazu am Montag, die meisten Retouren kämen erneut in den Verkauf, gingen an Lieferanten zurück oder würden gespendet. So hätten seit 2013 mehr als 1000 Wohltätigkeitsorganisationen Spenden erhalten und rund 450.000 Menschen davon profitiert. In bestimmten Fällen könnten Produkte weder weiterverkauft oder gespendet werden, etwa aus Sicherheits- oder Hygienegründen. „Wir arbeiten hart daran, diese Zahl auf null zu bringen“, betonte Amazon. (mit dpa)