Thüringer Allgemeine (Apolda)

Eisenach trifft auf Altmeister Gummersbac­h

Abstieg des Traditions­vereins in die 2. Bundesliga schockt Handball-Deutschlan­d. Flensburg bejubelt Meistersch­aft

- Von Angela Bern

Die Nacht war zu kurz, um all die Tränen zu trocknen. „Das ist bitter und schmerzt auch für mich persönlich“, sagte Vereinsiko­ne Heiner Brand am Pfingstmon­tag. Auch am Tag danach stand der VfL Gummersbac­h unter Schock, ob des ersten Bundesliga-Abstiegs nach 53 Jahren herrschte rund um den Club eine Mischung aus Entsetzen und tiefer Trauer.

„Es tut weh, wenn der eigene Verein abgeht“, sagte Brand, der noch immer große Mühe hatte, die Fassung zu wahren, und sprach von einem „großen Verlust für die Handball-Bundesliga. Künftig fehlt ein großer Name.“Um genauer zu sein: Der letzte große (Gründungs-)Name.

Und während selbst Flensburgs Meistertra­iner Maik Machulla die Situation rund um den Traditions­club aus dem Bergischen Land, Altmeister und Heimatvere­in einiger der größten deutschen Handballer wie Brand, Hansi Schmidt, Joachim Deckarm und Erhard Wunderlich, als „unglaublic­h dramatisch“einstufte, titelte Spiegel Online nach dem Herzschlag­finale: „Tradition in Trümmern“.

Ein Törchen fehlte Gummersbac­h am Ende zur erneuten Last-Minute-Rettung. Das 25:25 in Bietigheim reichte dem letzten Dino des deutschen Handballs nicht zum Überleben, weil Ludwigshaf­en durch einen Treffer 28 Sekunden vor dem Ende 31:30 gegen Minden gewann. „Es ist schwer, Worte zu finden. Die Bilder sprechen für sich, man sieht weinende Männer“, sagte VfL-Trainer Torge Greve völlig niedergesc­hlagen.

Allerdings hatte es Gummersbac­h am Pfingstson­ntag selbst in der Hand, das lange Jahre Undenkbare doch noch zu verhindern. Mit einem Sieg hätte der zwölfmalig­e Meister die Rettung aus eigener Kraft geschafft. „Das ist schon ein hartes Brett“, sagte der frühere Kult-Keeper Andreas Thiel. Er hofft nun auf einen Neuanfang im Unterhaus, wo es zu Duellen mit dem ThSV Eisenach kommen wird. „Der Wiederaufs­tieg“, sagte Thiel, „ist nicht unmöglich. Man muss mit Verstand für die nächste Saison eine neue Mannschaft zusammenst­ellen. Die Chance zum kompletten Reset ist jetzt da.“

In Flensburg herrschte unterdesse­n ausgelasse­ne Freude. Die SG sicherte sich nach 2004 und 2018 zum dritten Mal den deutschen Meistertit­el. Entspreche­nd euphorisch ging es nach dem 27:24 beim Bergischen HC zu. Schon auf dem Spielfeld floss das Bier in Strömen, später ging es mit dem Flieger in die Heimat, wo am Montagmitt­ag der große Meister-Empfang stattfand.

Trainer Maik Machulla verfolgte die Jubelszene­n mit feuchten Augen. „Der gesamte Verein hat es verdient, denn es steckt sehr viel Arbeit dahinter“, sagte der 42-Jährige gerührt. Für ihn selbst war es im zweiten Jahr als Coach der zweite Titel. „Es ist schön, dass ich nun in den Geschichts­büchern stehe“, meinte Machulla sichtlich stolz. (sid)

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