Die großen Taten des kleinen Vechta
Basketballer von Rasta Vechta werden erst im Halbfinale von Bayern München gestoppt, das nun gegen Alba Berlin um den Titel spielt
Ein Happy End war den Basketballern von Rasta Vechta zum Abschluss einer märchenhaften Saison nicht vergönnt, doch trotz des klaren Ausscheidens im Play-off-Halbfinale war für Trauer kein Platz. „Im Sommer hatte ich der Mannschaft gesagt, dass wir Geschichte schreiben wollen für diesen Club“, sagte Trainer Pedro Calles voller Stolz: „Jetzt haben wir wohl eine Geschichte für den ganzen deutschen Basketball geschrieben.“
Der sensationelle Höhenflug des aufmüpfigen Aufsteigers war da soeben beendet. Das 80:95 am Samstagabend beim Titelverteidiger Bayern München, der nun im Finale auf Alba Berlin – die Hauptstädter entschieden die Serie nach dem 100:89 in Oldenburg 3:0 – trifft, war deutlich, ebenso der Ausgang in der Bestof-Five-Serie. Doch die Freude über eine heldenhafte Saison überwog beim kleinen Club aus dem Oldenburger Münsterland.
„Ich bin aus dem Süden Spaniens, daher bin ich ein emotionaler Mensch. Ich versuche jetzt, meine Emotionen zu kontrollieren“, sagte Calles (35), der schon als Trainer des Jahres in der Bundesliga ausgezeichnet worden war: „Es war mir eine Freude, die Serie und die gesamte Saison coachen zu dürfen.“
Nach dem dritten Aufstieg hatte Geschäftsführer Stefan Niemeyer eigentlich nur das Ziel ausgegeben, nicht zum dritten Mal direkt wieder abzusteigen – doch dann jagte eine Überraschung die nächste. Als Vierter der Hauptrunde stürmte Vechta in die Play-offs, im Viertelfinale schalteten die verletzungsgeplagten Niedersachsen nur mit einer Siebener-Rotation gar den früheren Serienmeister Brose Bamberg aus und erreichten erstmals in der knapp 40-jährigen Clubgeschichte das Halbfinale.
Das hatte sich am 26. Juni 1979 in „Arnies Schänke“, einem Keller im Elternhaus eines der Gründungsmitglieder, wohl keiner erträumt. Ehemalige Schüler einer Basketball-AG des Vechtaer Gymnasiums Antonianum hatten sich zusammengesetzt, sie wollten auch nach ihrer Schulzeit weiter auf Korbjagd gehen.
Da keiner der bestehenden Vereine in der beschaulichen Kreisstadt die Basketballer aufnehmen wollte, musste kurzerhand ein eigener Club gegründet werden. Passenderweise tönte an jenem Tag Bob Marleys „Rastaman Vibration“aus den Boxen des Kellers – Rasta Vechta war geboren. Und nun dürfte auf der „Rasta wird 40“-Party Ende Juni auf dem Vechtaer Stoppelmarkt ausgelassen gefeiert werden.
Am Sonntag stand für die Underdogs am Ende einer langen nun erst mal das große Abschlussfest in der Vechtaer Wunderbar an. Ob die RastaHelden aber auch nach dem Sommerurlaub wieder die Bundesliga aufmischen, ist fraglich – denn das Überraschungsteam droht auseinanderzubrechen.
Erfolgscoach Calles soll bei Pokalsieger Bamberg als Nachfolger von Federico Perego im Gespräch sein, Nationalspieler Philipp Herkenhoff (19) hofft im NBA-Draft auf den Sprung in die beste Liga der Welt. Und T.J. Bray (26), in München mit sagenhaften zehn Dreiern und einem Karrierebestwert von 38 Punkten überragender Mann, soll das Interesse der Bayern geweckt haben. (sid)