Ramelow: „Mit Vorgang zu keinem Zeitpunkt beschäftigt“
Ministerpräsident hat nach eigenen Angaben von der umstrittenen Prüfungsbefreiung für Justizminister-Sohn aus den Medien erfahren
Was wusste Thüringens Regierungschef zur sogenannten „Sohnemann-Affäre“? Er habe noch einmal in die Archive gehen müssen, um die Abläufe 2016 nachvollziehen zu können, sagt Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) gestern Nachmittag in Raum 101 des Landtags. Er wisse sehr genau, dass er als Ministerpräsident erst am 10. August 2016 zum ersten Mal durch eine Medienmeldung Kenntnis von den Sachverhalt erhalten habe.
Der Untersuchungsausschuss des Landtags soll klären, ob Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) sein Amt missbraucht hat, um für seinen Sohn die Befreiung von einer am Gymnasium vorgeschriebenen Prüfung zu erreichen. Das Gremium ist auf Antrag der CDU-Fraktion bereits 2016 eingesetzt worden. Inzwischen hat die rot-rot-grüne sein Ansehen wurde nachhaltig ramponiert. Lauinger hat sich nach einer zuvor fehlerhaften Mitteilung der Schule dafür im Bildungsministerium eingesetzt, Ministerpräsident
Bodo Ramelow (Linke) vor dem Lauinger-Untersuchungsausschuss
dass sein Sohn die Besondere Leistungsfeststellung nicht ablegen musste.
Gestern nun steht erstmals Ramelow Rede und Antwort. Es wird ein kurzer Auftritt, er lässt sich nicht viel entlocken. Am Tag, als Ramelow nach eigener Aussage von dem Sachverhalt erfuhr, habe er seinen Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) gebeten, ihn über Details in Kenntnis zu setzen. Im Laufe des Vormittags habe Hoff ihm mündlich berichtet, dass die Staatskanzlei involviert sei. Beteiligt seien Justizminister Dieter Lauinger (Grüne), die damalige Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linke) sowie Hoff selbst. Die Landesregierung oder das Kabinett hätten sich „mit dem Vorgang zu keinem Zeitpunkt beschäftigt“.
Am kommenden Tag habe er sich schriftliche Unterlagen dazu angeschaut. Weil er in erster Linie auch zu einem Tweet befragt werden soll, weist Ramelow darauf hin, „dass der Ministerpräsident als Ministerpräsident überhaupt nicht twittert“, sondern als Privatperson.
Die Äußerung ruft den CDUAbgeordneten Volker Emde auf den Plan. Er hebt auf Ramelows Twitterbotschaft ab, in dem der sich wie folgt äußerte: „So etwas entscheidet das Schulamt und nicht der Minister. Die Schule habe das positiv unterstützt und das Schulamt genehmigt, ohne den Namen des Schülers zu kennen.“Emde fragt sich, wie er das am 10. August schon habe wissen können, wenn er sich erst am 11. die Unterlagen kommen ließ. „Die Aussage in dem zweiten Satz ist nur dann möglich, wenn man über interne Kenntnisse der Akten verfügt“, meint Emde. Wie erklärt Ramelow diesen möglichen Widerspruch?
Ob dem so ist, unterliege der Unterstellung, erwidert Ramelow. Christdemokrat Maik Kowalleck versucht daraufhin, den stets gut informierten Ramelow bei der Ehre zu packen: „Wie erklären Sie sich denn, dass Sie erst so spät davon erfahren haben. Die Brisanz hätte doch auch Ihrem Haus bekannt gewesen sein müssen. Passiert das öfter?“
„Netter Versuch, Herr Kowalleck“, antwortet Ramelow. „In der Regel werde ich über brisante Dinge informiert. Da dieser Vorgang zu diesem Zeitpunkt uns weder brisant noch kompliziert erschien, habe ich mich informieren lassen, wie der Ablauf war und wie der Chef der Staatskanzlei ihn beurteilt“, so der Ministerpräsident.
„Mehr kann ich an Erhellung nicht beitragen.“