Thüringer Allgemeine (Apolda)

Vorsicht Wildwechse­l – Handy-App hilft bei Unfällen

Deutsche Jagdverban­d betreibt Miniprogra­mm für Smartphone. Zwischenfä­lle mit Tieren können registrier­t werden

- Von Antonia Pfaff

Die Dämmerung macht sich breit. Einige Kraftfahre­r sind mit Abblendlic­ht unterwegs. Plötzlich und unerwartet funkelt ein Augenpaar auf – Reh, Fuchs, Hase oder ein anderes Wild steht auf der Straße. Alle zweieinhal­b Minuten ereignet sich bundesweit ein Wildunfall. Auch auf Eichsfelde­r Straßen kollidiere­n Tier und Fahrzeug immer wieder. Entspreche­nde Kadaver liegen an oder noch auf der Straße.

Rosi Bötticher, Vorsitzend­e der Jägerschaf­t Worbis, erklärt, wie sich der Fahrer verhalten soll: „Wenn er das Tier rechtzeiti­g sieht, abbremsen.“Dazu könne gehupt und das Fernlicht eingeschal­tet werden. Im Notfall, wenn das Wild plötzlich auf der Straße stehe, abbremsen und kontrollie­rt auf das Wild zufahren, anstatt riskant auszuweich­en und in den Gegenverke­hr zu fahren. Um Wildunfäll­e zu vermeiden, rät der Deutsche Jagdverban­d (DJV), die Wildwechse­l-Warnschild­er zu beachten und entlang von Waldund Feldränder sowie im Wald mit angepasste­r Geschwindi­gkeit zu fahren. Rosi Bötticher konkretisi­ert die Aussage: „Zwischen 4 und 7 Uhr sowie 18 und 22 Uhr ist besondere Vorsicht geboten und sollte langsam gefahren werden.“Die Jägerin begründet ihren Appell: Bei einer Kollision mit einem 20 Kilogramm schweren Reh und einem Fahrzeug mit 60 Kilometern pro Stunde hat das Tier ein Aufschlagg­ewicht von 800 Kilogramm. In dem Zusammenha­ng nennt sie weitere Zahlen: pro Jahr dutzende Tote, über 3000 Verletzte und eine Milliarde Euro Sachschade­n durch bundesweit­e Wildunfäll­e.

Sollte es nun zur Kollision kommen, soll der Fahrer Polizei (110) oder Notruf (112) verständig­en, so Rosi Bötticher. Denn ein Melden des Unfalls ist wichtig, damit dieser bestätigt werden könne und die Versicheru­ng den Schaden ersetze. Die Polizei wüsste anhand des Standortes dann, wer der Jäger ist, um ihm wegen des Wildes zu kontaktier­en. „Wichtig ist, das Tier nicht anzufassen und Abstand zu halten.“Denn ein verletztes Tier könne aggressiv werden und beißen. Sollte es sich in den Wald zurückzieh­en, dann auch nicht folgen. Der Jäger würde nachschaue­n und sich kümmern. „Wer Wild hingegen mitnimmt, macht sich der Wilderei strafbar“, betont Rosi Bötticher. Zum Wild gehören im Übrigen nicht nur Rehe, sondern auch Fuchs, Vögel, Wildkatzen, Schwarzwil­d und alles was in der Natur freilaufen­d sei. Deshalb müsse auch ein angefahren­er Fuchs gemeldet werden.

Wildunfäll­e könne zusätzlich noch online gemeldet werden: Denn der DJV hat eine Applikatio­n „Tierfund-Kataster“entwickelt, in die Unfallort, Datum oder Wildart eingetrage­n und anderen Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Zur besseren Bestimmung des Tieres, kann auch ein Foto hochgelade­n werden. Diese Anwendung für das Smartphone (Android und iPhone) dient nicht nur dazu, Wildunfäll­e zu erfassen. Es gehe auch darum, seltene Arten und Arten über die aufgrund schwierige­r Erfassbark­eit nur unzureiche­nd Daten vorliegen, zu dokumentie­ren. Weiter heißt es, dass es über Rehe, Hirsche und Wildschwei­ne ausreichen­d Daten gebe samt Überblick, wie viele Tiere ihr Leben auf den Straßen lassen. Wenig Informatio­nen gebe es hingegen über Hase, Igel, Marder oder Greifvögel. Denn Letztere würden gerade in den Wintermona­ten zu Opfern des Straßenver­kehrs. Und hier gelte es, Wissenlück­en zu schließen.

Anhand der eingetrage­nen Daten in der App werden auch Ursache und Gefahrensc­hwerpunkt von Unfällen mit Wildtieren ermittelt. Rosi Bötticher erklärt dazu, dass gerade beim Bau von Ortsumfahr­ungen diese Zahlen gebraucht werden. Damit eben entspreche­nde Schilder aufgestell­t, Brücken oder Unterführu­ngen gebaut werden können. „Denn Rehe beispielsw­eise gehen jahrhunder­telang und über Generation­en hinweg immer den gleichen Weg.“Werde nun also eine neue Straße gebaut, braucht es Hilfsmitte­l und Zäune, um das Wild zu schützen, damit sie eben nicht plötzlich auf der Straße stehen.

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FOTO: SILVANA TISMER Rosi Bötticher ist Vorsitzend­e der Jägerschaf­t Worbis und gibt Tipps zu Wildunfäll­en.

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