11,1 Milliarden Euro: Landtag streitet über Rekordetat
Letzte Beratungen heute und morgen. CDU hält Haushaltsgesetz weiterhin für verfassungswidrig
Vor den abschließenden Beratungen des Thüringer Landeshaushalts für das kommende Jahr hat Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) die geplanten Rekordausgaben erneut verteidigt. Es handele sich um ein „ausgewogenes Gesetz“, das die richtigen Akzente setze, sagte sie dieser Zeitung.
So verwies die Ministerin auf die geplanten Investitionen in Höhe von 1,66 Milliarden Euro. Zudem würden die Zuschüsse an die Kommunen dauerhaft um 100 Millionen Euro im Jahr erhöht. Ein wichtiger Ausgabepunkt seien zudem die 20 Millionen Euro für die Abschaffung der Straßenausbauträge.
Das Gesamtvolumen des Haushalts für 2020 wird 11,109 Milliarden Euro betragen. Damit haben sich die Planausgaben im Vergleich zum letzten Haushaltsjahr der früheren CDUSPD-Regierung um gut zwei Milliarden Euro erhöht. Die Ministerin verwies aber auf die gestiegenen Einnahmen und darauf, dass Thüringen während der rotrot-grünen Regierungszeit mehr als eine Milliarde Euro an Altkrediten abbaue. Zudem habe man mehrere Sonderschuldenfonds abgebaut oder geschlossen. Keine Vorgängerregierung habe bisher ein derart positives finanzpolitisches Erbe hinterlassen, sagte Taubert.
Die Opposition aus CDU und AfD sieht das völlig anders. Sie wirft der rot-rot-grünen Koalition vor, die Ausgaben aufzublähen und dafür die Rücklagen zu plündern. Taubert verweist wiederum darauf, dass sie der künftigen Regierung mindestens 330 Millionen an Reserven überlasse – also so viel, wie sie selbst vorgefunden habe.
Dennoch übt auch der Rechnungshof Kritik am Haushaltsplan. „Rot-Rot-Grün hat schlicht und ergreifend von der lang andauernden Hochkonjunktur profitiert“, sagte Präsident Sebastian Dette dieser Zeitung. Leider habe die Regierung diese einmalige Chance, sich für die mageren Jahre zu wappnen, verstreichen lassen. „Es wäre auch möglich gewiesen, zwei Milliarden Euro zu tilgen“, erklärte Dette.
Darüber lehnt die CDU den Beschluss des Haushalts grundsätzlich ab. Fraktionschef Mike Mohring präsentierte gestern ein Gutachten des Potsdamer Verfassungsrechtlers Ingo Schmidt. Er bestätigt darin die Rechtsauffassung der Union, dass eine Verabschiedung des Etats für das Jahr nach der Landtagswahl das Budgetrecht des Parlaments unzulässig verletze und damit verfassungswidrig sei.
Die CDU will aber nicht klagen – sondern heute beantragen, den Etat nicht zu verabschieden. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) könnte mit einem beschlossenen Haushalt nach der Landtagswahl am 27. Oktober bei den erwarteten schwierigen Mehrheitsverhältnissen seine Amtszeit ausdehnen, sagte Mohring. Laut dem Rechtsgutachten hat der Landtag keine Recht, nachträglich selbstständig Änderungen am Haushalt vorzunehmen. Diese Interpretation der Verfassung wird aber weder von der Landesregierung noch vom Rechnungshof geteilt. Auch der frühere FDP-Fraktionschef Andreas Kniepert, der 1993 an der Verfassung mitarbeitete, hatte der Auffassung der Union widersprochen.