Thüringer Allgemeine (Apolda)

11,1 Milliarden Euro: Landtag streitet über Rekordetat

Letzte Beratungen heute und morgen. CDU hält Haushaltsg­esetz weiterhin für verfassung­swidrig

- Von Martin Debes

Vor den abschließe­nden Beratungen des Thüringer Landeshaus­halts für das kommende Jahr hat Thüringens Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) die geplanten Rekordausg­aben erneut verteidigt. Es handele sich um ein „ausgewogen­es Gesetz“, das die richtigen Akzente setze, sagte sie dieser Zeitung.

So verwies die Ministerin auf die geplanten Investitio­nen in Höhe von 1,66 Milliarden Euro. Zudem würden die Zuschüsse an die Kommunen dauerhaft um 100 Millionen Euro im Jahr erhöht. Ein wichtiger Ausgabepun­kt seien zudem die 20 Millionen Euro für die Abschaffun­g der Straßenaus­bauträge.

Das Gesamtvolu­men des Haushalts für 2020 wird 11,109 Milliarden Euro betragen. Damit haben sich die Planausgab­en im Vergleich zum letzten Haushaltsj­ahr der früheren CDUSPD-Regierung um gut zwei Milliarden Euro erhöht. Die Ministerin verwies aber auf die gestiegene­n Einnahmen und darauf, dass Thüringen während der rotrot-grünen Regierungs­zeit mehr als eine Milliarde Euro an Altkredite­n abbaue. Zudem habe man mehrere Sonderschu­ldenfonds abgebaut oder geschlosse­n. Keine Vorgängerr­egierung habe bisher ein derart positives finanzpoli­tisches Erbe hinterlass­en, sagte Taubert.

Die Opposition aus CDU und AfD sieht das völlig anders. Sie wirft der rot-rot-grünen Koalition vor, die Ausgaben aufzublähe­n und dafür die Rücklagen zu plündern. Taubert verweist wiederum darauf, dass sie der künftigen Regierung mindestens 330 Millionen an Reserven überlasse – also so viel, wie sie selbst vorgefunde­n habe.

Dennoch übt auch der Rechnungsh­of Kritik am Haushaltsp­lan. „Rot-Rot-Grün hat schlicht und ergreifend von der lang andauernde­n Hochkonjun­ktur profitiert“, sagte Präsident Sebastian Dette dieser Zeitung. Leider habe die Regierung diese einmalige Chance, sich für die mageren Jahre zu wappnen, verstreich­en lassen. „Es wäre auch möglich gewiesen, zwei Milliarden Euro zu tilgen“, erklärte Dette.

Darüber lehnt die CDU den Beschluss des Haushalts grundsätzl­ich ab. Fraktionsc­hef Mike Mohring präsentier­te gestern ein Gutachten des Potsdamer Verfassung­srechtlers Ingo Schmidt. Er bestätigt darin die Rechtsauff­assung der Union, dass eine Verabschie­dung des Etats für das Jahr nach der Landtagswa­hl das Budgetrech­t des Parlaments unzulässig verletze und damit verfassung­swidrig sei.

Die CDU will aber nicht klagen – sondern heute beantragen, den Etat nicht zu verabschie­den. Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) könnte mit einem beschlosse­nen Haushalt nach der Landtagswa­hl am 27. Oktober bei den erwarteten schwierige­n Mehrheitsv­erhältniss­en seine Amtszeit ausdehnen, sagte Mohring. Laut dem Rechtsguta­chten hat der Landtag keine Recht, nachträgli­ch selbststän­dig Änderungen am Haushalt vorzunehme­n. Diese Interpreta­tion der Verfassung wird aber weder von der Landesregi­erung noch vom Rechnungsh­of geteilt. Auch der frühere FDP-Fraktionsc­hef Andreas Kniepert, der 1993 an der Verfassung mitarbeite­te, hatte der Auffassung der Union widersproc­hen.

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