Staatsanwalt fordert Haft nach tödlicher Fahrerflucht
Anklagebehörde hält an Tatvorwurf „versuchter Mord“fest und plädiert für drei Jahre und neun Monate Haft. Verteidiger: Kein Mordmerkmal
Felix K. hört mit gesenktem Haupt zu. Er vernimmt, was Oberstaatsanwalt, Nebenklage-Anwältin und seine Verteidiger zu sagen haben – seit Mai steht K. vor Gericht. Der Tatvorwurf lautet „versuchter Mord durch Unterlassen“.
Für die Staatsanwaltschaft ist nach der Beweisaufnahme klar, dass es K. gewesen ist, der den Radfahrer Uwe G. am Ortsausgang Buttstädt (Landkreis Sömmerda) in Richtung Großbrembach mit einem Kleinbus angefahren und liegen gelassen hat, ohne ihm zu helfen. G. war am Morgen danach tot gefunden worden. In der Beweisaufnahme hatte die Rechtsmedizin festgestellt, dass G. nach dem Zusammenprall in jedem Fall noch gelebt haben muss. Ein Todeskampf, der bis zu einer Stunde gedauert haben könnte, halten die Mediziner für möglich. Darauf nimmt die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag Bezug und stellt auch auf die Möglichkeit ab, der Todeskampf könnte sogar noch länger gedauert haben. Der Notarzt, der seinerzeit am Unfallort den Tod diagnostiziert hatte, ist davon ausgegangen, das Opfer könnte noch bis zum Morgen gelebt haben. Der Unfall hat sich laut Anklageschrift am Abend um 22.40 Uhr ereignet.
Für die Staatsanwaltschaft ist der Fall „kein exponentieller Einzelfall, der aus heiterem Himmel kam“. Der Angeklagte ist wegen Verkehrsdelikten drei Mal bereits in Erscheinung getreten. Zum Tatzeitpunkt hatte er keinen Führerschein.
Die Staatsanwaltschaft fordert wegen fahrlässiger Tötung und Fahrerflucht in Tateinheit mit versuchtem Mord durch Unterlassen drei Jahre und neun Monate Haft.
Katharina Reimer, sie vertritt die Nebenkläger, schließt sich der Strafmaßforderung „als Mindeststrafe“an. Sie wirft dem Angeklagten vor, es versäumt zu haben, reinen Tisch zu machen. „Der Angeklagte hat keine einzige Frage der Nebenklage beantwortet. Für die Angehörigen hätte es hilfreich sein können, Antworten auf ihre Fragen zu bekommen“, sagt sie in ihrem Plädoyer. Außerdem kritisiert sie, dass der Angeklagte nicht den Versuch unternommen habe, sich zu entschuldigen. Dessen Anwälte sehen das naturgemäß anders, verzichten allerdings auf eine konkrete Strafforderung. K.‘s Verteidiger Tim Frühauf will in dem Geständnis des Angeklagten, das er beim vergangenen Verhandlungstag abgelegt hatte, vor allem Reue erkannt haben. „Wer aufmerksam das Verfahren verfolgt hat, der wird bemerkt haben, dass der Mann, der hier auf der Anklagebank sitzt, nicht unberührt blieb“, entgegnet er auf die Ausführungen von Reimer. Gleichwohl sei es die Aufgabe eines Strafverfahrens, „die Wahrheit zu finden“. Ein Mordmerkmal gebe es nicht.
Die Kammer will morgen das Urteil verkünden – genau zwei Jahre nach der Tat.