Thüringer Allgemeine (Apolda)

Wohin das Thüringer Steuergeld fließt

Der Landtag will noch in dieser Woche den größten Haushalt in der Thüringer Geschichte verabschie­den. Auch sonst gibt es einige Premieren

- Von Martin Debes

Der Thüringer Haushalt für das Jahr 2020, der heute ein letztes Mal beraten wird, ist gleich in mehrerer Hinsicht eine Premiere. Erstmals steigen die Ausgaben auf mehr als elf Milliarden Euro – und die Personalko­sten erstmals auf mehr als drei Milliarden Euro.

Zudem wird es das erste Jahr, in dem keine Gelder aus dem Solidarpak­t II fließen. Und es ist das erste Jahr, in dem die Schuldenbr­emse des Grundgeset­zes gilt. Es verbietet neben dem Bund auch den Ländern mit der Kraft der Verfassung, Kredite aufzunehme­n. Ausnahmen sind Naturkatas­trophen und Wirtschaft­skrisen.

Neu ist auch: Das Parlament verabschie­det einen Etat, der erst in Kraft tritt, wenn sich bereits ein neuer Landtag konstituie­rt. Ob dies einen Verfassung­sbruch darstellt, wie die CDU und ihr Rechtsguta­chter meinen, lässt sich bezweifeln. Gewiss ist: Das hat sich bisher in Thüringen noch keine Mehrheit gewagt.

Das zentrale rot-rot-grüne Argument dafür lautet Planungssi­cherheit. Da die Landtagswa­hlen erst Ende Oktober stattfinde­n und eine komplizier­te Regierungs­bildung zu erwarten ist, hätte das nächste Kabinett wohl erst im Frühjahr einen Etatentwur­f vorlegen können. Die Zeit der vorläufige­n Haushaltsf­ührung, in der zum Beispiel keine neuen Investitio­nen ausgelöst werden dürfen, zöge sich wahrschein­lich bis zum Sommer.

Ausgaben stiegen um 20 Prozent

Ansonsten dürfte in der heutigen Haushaltsd­ebatte nicht nur über den aktuellen Entwurf gesprochen werden. Beide Seiten, Regierung und Opposition, wollen eine Bilanz der Wahlperiod­e ziehen. Die Zahlen der Grafiken zeigen: Die Ausgaben sind unter Rot-Rot-Grün um etwa 20 Prozent gestiegen. Gleichzeit­ig wurden aber dank der Rekordeinn­ahmen so viele Altschulde­n abgebaut wie noch nie zuvor.

Unbestreit­bar ist zudem, dass die Zuschüsse an die Städte, KreiseundG­emeindenst­iegen– parallel zu wachsenden kommunalen Steuereinn­ahmen. Hinzu kommen um die 200 Millionen Euro für freiwillig­e Fusionen.

Gemeinde- und Städtebund sowie Landkreist­ag fühlen sich angesichts der enormen Mehreinnah­men des Landes trotzdem übervortei­lt. Mindestens 100 Millionen Euro fehlten, sagen sie.

Was noch im Haushalt 2020 auffällt und heute von Rot-RotGrün freudig betont werden dürfte: Die hohe Investitio­nsquote von 15,5 Prozent. Allerdings muss man hier aus Erfahrung vorsichtig sein. So waren voriges Jahr ähnlich hohe Investitio­nen im Umfang von 1,65 Milliarden Euro geplant. Am Ende floss davon eine gute Viertelmil­liarde Euro nicht ab.

Newspapers in German

Newspapers from Germany