Thüringer Allgemeine (Apolda)

Hitlers Hofstaat

Nach ihrer Biografie über Eva Braun nimmt Heike Görtemaker den inneren Zirkel des Diktators ins Visier

- Von Sibylle Peine

Lange umgab Hitler der Mythos der Unnahbarke­it. Albert Speer, der Architekt des „Führers“, sprach von einem „menschenle­eren Raum“, der den Diktator umgeben habe. Sozial isoliert und kontaktarm, wie er war, sei ein Gespräch mit ihm unmöglich gewesen. Für Speer wie für andere Vertraute Hitlers war diese Argumentat­ion äußerst bequem: Indem sie den „Führer“in einsame Sphären entrückten, entledigte­n sie sich ihrer Mitwissers­chaft und Mitverantw­ortung für die Verbrechen des NS-Regimes. Tatsächlic­h wiesen nach dem Krieg alle Überlebend­en des engsten Kreises um Hitler jegliche Schuld weit von sich.

Auch erfuhren die Deutschen erst nach dem Zusammenbr­uch, dass es an seiner Seite eine Frau gegeben hatte. Heike Görtemaker hat 2010 in einer Aufsehen erregenden Biografie die Rolle Eva Brauns als Gefährtin Hitlers beschriebe­n. In ihrem neuen Buch „Hitlers Hofstaat“weitet sie die Perspektiv­e und richtet den Fokus auf den engeren Kreis.

Görtemaker hat ihr Buch in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil analysiert sie, wie sich in den 1920er-Jahren ein Kreis um den aufstreben­den Politiker bildete. Darunter waren Parteimitg­lieder wie der SA-Chef Ernst Röhm, der NSChefideo­loge Alfred Rosenberg, der Publizist Dietrich Eckart und der Redakteur Hermann Esser.

Der eigentlich­e Hofstaat des „Führers“bildete sich erst jetzt heraus. Es war die sogenannte Berghof-Gesellscha­ft, der der zweite Teil des Buchs gewidmet ist. Treffpunkt war Hitlers Berghof auf dem Obersalzbe­rg bei Berchtesga­den, zu dem nur engsten Vertrauten Hitlers Zugang gewährt wurde. Von den NS-Oberen gehörten außer Speer und seiner Frau nur Goebbels und seine Familie dazu sowie die graue Eminenz Martin Bormann. Eva Braun spielte eine zentrale Rolle.

Interessan­t ist der dritte Teil des Buchs, in dem die Autorin beschreibt, wie die Überlebend­en des Hitler-Kreises nach dem Krieg weiter Kontakt zu einander hielten. Sie bildeten ein informelle­s Netzwerk mit Verbindung­en zur rechtsradi­kalen Szene. Fast alle blieben ihren nationalso­zialistisc­hen Ideen treu. (dpa)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany