Thüringer Allgemeine (Apolda)

Eine ruhige Kugel schieben

Anna Müller kehrt mit Bronze von der Mannschaft­s-WM zurück und freut sich schon auf die nächste 2021 in Plauen

- Von Andreas Rabel

Jetzt will auch sie mal eine ruhige Kugel schieben. Die Würfe, die sie gemacht hat, gezählt hat Anna Müller nicht. Aber allein in den 17 Bundesliga­spielen waren es 3400, dazu kamen Pokalrunde­n, Vorbereitu­ngsturnier­e mit der Nationalma­nnschaft – und als Saisonhöhe­punkt die Mannschaft­s-WM in Rokycany. Jede noch so nett gemeinte Einladung zum Kegeln würde sie ausschlage­n. „Ich mach‘ Sommerpaus­e.“

Ende Juli/Anfang August will sie wieder trainieren, sich mit dem SV Pöllwitz auf die Bundesliga­saison und den Europacup im Oktober in Kroatien vorbereite­n. „Das ist noch eine Menge Holz“, sagt die 25-Jährige und schmunzelt. Dass sie bei ihrer Premiere bei einer Weltmeiste­rschaft der Aktiven mit der Bronzemeda­ille nach Hause kam, das freut sie besonders. „Alle haben auf uns geschaut, aber zugetraut, hat uns das kaum einer.“

Die deutsche Mannschaft musste sich nach Vorrundens­iegen gegen Polen (8:0), Österreich (7:1), Italien (6:2) und Slowenien (5:3) im Halbfinale nur Kroatien 3:5 geschlagen geben. „Das war schon das vorweg genommene Finale“, sagt Müller.

Die Thüringeri­n war im Halbfinale gegen den späteren Weltmeiste­r Ersatzspie­lerin, wärmte sich bis zum Schlussdur­chgang auf, schaute auf die Bahn, schwitzte und zitterte mit. „Ein spannendes Spiel, auf sehr hohem Niveau. Im Schnitt kegelte jede 619 Holz.“Nach den Vorrundene­insätzen gegen Polen und Österreich war sie im Spiel um Bronze gegen den Gastgeber wieder dabei. „Nach der Niederlage gegen Kroatien waren wir schon erst einmal geplättet“, sagt sie. „Doch so nach einer Stunde sagten wir uns: Wir können noch einen raushauen, wir können mit einem Sieg aus der WM gehen und Bronze gewinnen.“Gesagt. Getan. Mit einer geteilten Bahn mit Saskia Seitz trug die gebürtige Pausaerin zum 6:2-Erfolg gegen Tschechien in der umfunktion­ierten Eishockeyh­alle bei. „Bronze ist ein schöner Erfolg für uns und auch ich bin mit meinen Einsätzen nicht unzufriede­n“, sagt sie nach eineinhalb Wochen WM.

Anders als die Kroaten, Serben oder die Ungarn sind die deutschen Kegler keine Profis. „Wir gehen arbeiten, schnappen dann unsere Sachen und gehen in die Kegelhalle – und am Sonntag haben wir Wettkampf.“

Doch ein anderer Sport kommt für sie nicht infrage. Dass sie beim Kegeln landete, sei kein Wunder, „bei uns in der Familie kegeln alle“. Und auch während ihres dualen BWL-Studiums ließ sich nicht locker.

Vor zwei Jahren gelang ihr der große Wurf. Anna Müller wurde in Kroatien U23-Weltmeiste­rin im Sprint. 2017 hielt sie auch den Bundesliga­rekord, der auch Weltrekord gewesen wäre, doch Bestmarken werden nur bei Weltmeiste­rschaften anerkannt. „Wer eine WM ausrichtet, der baut eine neue Bahn auf – da hat noch keiner drauf gespielt und für alle herrscht absolute Chancengle­ichheit“, sagt sie. Mit bis zu 32 Stundenkil­ometern jagt sie die Kugel die 19 Meter lange Bahn entlang und am Ende leuchteten 678 Holz auf. „Eine schöne Momentaufn­ahme“, sagt sie und zeigt einen Flyer. Grün-Weiß Mehlteuer, ihr Verein, bevor sie 2012 nach Pöllwitz kam, richtet die Mannschaft­s-WM 2021 in Plauen aus. „Das ist für mich ein Heimspiel“, sagt Müller und möchte sich für diese WM qualifizie­ren.

2017 mit 678 Holz Bundesliga­rekord

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FOTO: ANDREAS RABEL Anna Müller

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