Thüringer Allgemeine (Apolda)

Käse wird zum Luxusgut

Thüringens Innenminis­ter Maier (SPD) plädiert nach zweitägige­m Russland-Trip für Ende der Sanktionen – aber nicht ohne Gegenleist­ung

- Von Fabian Klaus

Zwei Tage Sankt Petersburg: Innenminis­ter Georg Maier (SPD) nimmt als Mitglied einer Delegation des Bundesrate­s an einem Treffen der Deutsch-Russischen Freundscha­ftsgruppe teil. Eine Woche liegt das Treffen zurück. Seither wird wieder intensiv über die Abschaffun­g der RusslandSa­nktionen debattiert. Der Thüringer unterstütz­t das Ansinnen, alsbald die EU-Sanktionen zu beenden. Zu deutlich hat er in den Tagen erlebt, wer davon, aber auch von den durch die Russen als Reaktion verhängten Einfuhrver­boten beispielsw­eise für Agrarprodu­kte betroffen ist.

Am Telefon erzählt er über die Tage in Russland. Die Bilder sind so frisch, als wäre er erst gestern zurückgeko­mmen. „Die Russen lieben große rote Äpfel aus Deutschlan­d“, sagt er. In den Regalen im Supermarkt aber gibt es nur die kleinen, grünen, sauren Exemplare aus dem heimischen Anbau. Und Käse, sagt Maier, „ist für die meisten Menschen ein Luxusgut geworden“. Natürlich gebe es den nach wie vor in den Supermarkt­regalen – aber jener, den sich die Menschen noch leisten könnten, sei nicht von der Qualität wie die Importware.

„Die Oligarchen werden von den Sanktionen nicht berührt“, macht der SPD-Politiker deutlich. Denn die hätten genügend Geld, um sich all das weiter kaufen zu können, was ihnen beliebt. Deshalb will er sich genauso dafür einsetzen, dass die Sanktionen ein Ende finden. Gleichwohl: „Ohne, dass sich Russland dabei bewegt, geht es nicht.“Maier schwenkt damit deutlich auf die Linie von Ministerpr­äsident Amtskolleg­en Michael Kretschmer (CDU).

Nur darauf zu drängen, jetzt schnell zu einem Ende der seit Jahren andauernde­n Sanktionen zu kommen, das führt Maier Thüringens Innenminis­ter Georg Maier

allerdings nicht weit genug. „Russland ist durchaus bereit, sich zu bewegen“, schildert er seinen Eindruck.

Dass sich bei der Halbinsel Krim etwas bewegt, glaubt er indes nicht. „Die Russen betrachten sie als ihr ureigenes Land und werden sie nicht mehr hergeben“, sagt Maier.

Dennoch plädiert er für den weiteren Dialog. „Wir müssen ein Interesse daran haben, dass sich Russland nicht zu weit von Europa entfernt.“Gesprächsf­ormate seien wichtig. „Solange uns der Handel verbindet, wird man nicht gegeneinan­der vorgehen“, sagt er und drückt seine Sorge darüber aus, dass die russische Wirtschaft gerade versucht, unabhängig­er zu werden. Dieses Bestreben nach Unabhängig­keit führt dazu, dass Russland als Reaktion auf die Sanktionen einen Import beispielsw­eise von EUAgrarpro­dukten boykottier­t, was wiederum die einfachen Menschen vor Ort trifft.

Innenminis­ter Maier sieht aber die Deutschen in der Pflicht, sich in der Russland-Frage zu bewegen – auf dem diplomatis­chen Weg. Es ärgere die Russen beispielsw­eise sehr, dass in der öffentlich­en Wahrnehmun­g in Deutschlan­d ausschließ­lich die Amerikaner und Briten dafür gefeiert würden, das Land vom Faschismus befreit zu haben. „Die Russen haben damals die grobe Arbeit gemacht“, sagt Maier und will künftig dafür eintreten, dass das nicht in Vergessenh­eit gerät.

Für eine aktive Aussöhnung sei es wichtig, dass weiter darüber gesprochen wird, wie das Ende der Russland-Sanktionen geschafft werden kann. Formate analog zum „Weimarer Dreieck“seien denkbar.

„Die USA-Sanktionen treffen die russische Wirtschaft noch härter, denn sie werden im Zweifel morgens per Tweet verkündet.“

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Bodo Ramelow (Linke), der sich ebenfalls für ein Ende der Sanktionen ausgesproc­hen hatte. Thüringens Landeschef unterstütz­t damit eine Forderung seines sächsische­n

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