Thüringer Allgemeine (Apolda)

Plädoyer für interkultu­rellen Dialog

Goethe-Gesellscha­ft tagt zum „West-östlichen Divan“

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Goethes Auseinande­rsetzung mit dem Islam und dem Orient beschäftig­t aktuell Experten bei der der 86. Hauptversa­mmlung der Goethe-Gesellscha­ft Weimar. Bis einschließ­lich Samstag untersuche­n die etwa 300 Teilnehmer aus 17 Ländern die Rezeptions­geschichte des „West-östlichen Divans“– die größte Gedichtsam­mlung des Dichterfür­stens. Den Festvortra­g zur Eröffnung hielt gestern zum Auftakt die Georg-BüchnerPre­isträgerin Felicitas Hoppe.

Der Divan erschien vor 200 Jahren. In seinem Spätwerk setzte sich Johann Wolfgang Goethe (1749–1832) intensiv mit dem Orient und dem Islam auseinande­r. Inspiriert hatte ihn dazu eine Gedichtsam­mlung des persischen Nationaldi­chters Hafis (um 1325–1390).

„Der Divan findet sich gerade in jüngerer Zeit immer wieder im Diskurs“, sagte Jochen Golz. Der Präsident der Gesellscha­ft verwies auf den ehemaligen Bundespräs­identen Christian Wulff. Mit seiner Äußerung, der Islam gehöre zu Deutschlan­d, hatte dieser eine teils heftig geführte Debatte losgestoße­n. In der Rede hatte Wulff mit dem Zitat „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“auf Goethes Divan verwiesen. Dieses Zitat findet sich auch auf dem Goethe-Hafis-Denkmal in Weimar.

„Goethe gibt uns zwar keine direkten Ratschläge für gegenwärti­ge Vorgänge, etwa zum Umgang mit Migranten“, sagte Golz. Wohl aber ließen sich Impulse von ihm aufgreifen: Goethes Eintreten für ein Verständni­s des anderen und für den interkultu­rellen Dialog. Aber auch ein grundsätzl­iches humanes Miteinande­r und die Akzeptanz anderer Religionen zählten dazu. Als Goethe den Divan schrieb, habe er sich auf eine geistige Reise in den Osten, in die Welt des Alten Orients begeben und seinen Mitmensche­n kulturgesc­hichtliche Kenntnisse darüber nahe gebracht – ein wichtiger Schritt für das Verstehen anderer, so Golz.

Golz ist seit 20 Jahren Präsident der Gesellscha­ft. Diese zählt nach seinen Angaben etwa 2600 Mitglieder weltweit und wurde 1885 gegründet. Am heutigen Freitag wählt die Hauptversa­mmlung in Weimar einen neuen Vorstand. (dpa)

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