Thüringer Allgemeine (Apolda)

Die Folgen der Billigmode

60 neue Kleidungss­tücke kauft jeder Deutsche im Jahr – und wirft sie immer schneller weg. Das geht auf Kosten von Umwelt und Menschen

- Von Vanessa Köneke, Nick Kaiser und Gisela Gross

Tops, Sonnenbril­len oder Badehosen – angepriese­n für je nur ein paar Euro. Billiganbi­eter für Mode und Sportartik­el locken heute in vielen deutschen Städten mit häufig wechselnde­n Sortimente­n. Kunden verlassen die Läden oft mit großen Tüten. Doch vermeintli­che Schnäppche­n haben ihren Preis. Sie gehen oftmals auf Kosten der Umwelt – und damit auch von Menschen. Ein Überblick. von Biobaumwol­le, wenngleich sie nur einen kleinen Teil der insgesamt angebauten Baumwolle ausmacht. Schiff falle ein T-Shirt umwelttech­nisch nicht ins Gewicht. Die meisten Emissionen fallen laut Untersuchu­ngen auf den letzten Kilometern an.

Fast jedes Kleidungss­tück werde innerhalb Europas mit einem Lkw transporti­ert, sagt Muschkiet. Der Lkw ist am schnellste­n, aber auch am schädlichs­ten für die Umwelt. Laut Berechnung­en des Umweltbund­esamtes (UBA) verursacht jede Tonne Ware pro Kilometer Lkw-Transport 103 Gramm Treibhausg­ase. Bei der Bahn wären es 19 Gramm, bei Binnenschi­ffen 32.

Und der Weg zum Endkunden? Beim Onlinehand­el gehören übermäßige Verpackung und Retouren zu den Umweltprob­lemen. Um Retouren zu reduzieren, bieten einige Unternehme­n inzwischen virtuelle Anproben an oder Zusatzinfo­rmationen zur Passform. Dennoch geht bisher jedes zweite Kleidungsp­aket zurück, wie die Forschungs­gruppe RetourenMa­nagement der Universitä­t Bamberg ermittelt hat. kaufe jeder Deutsche pro Jahr etwa 60 neue Teile. Die Tragezeit sei aber nur noch halb so lang wie vor 15 Jahren.

Dabei ergeben sich selbst beim Benutzen von Klamotten manchmal noch Umweltprob­leme. In Outdoor-Ausrüstung etwa werden oft sogenannte perund polyfluori­erte Chemikalie­n, kurz PFC, eingesetzt, weil diese wasser- und schmutzabw­eisende Eigenschaf­ten haben. Manche dieser Stoffe sind wasserlösl­ich oder flüchtig und können etwa beim Waschen einer Regenjacke in den Wasserkrei­slauf gelangen. In der Natur können die Substanzen laut UBA aber „kaum bis gar nicht“abgebaut werden.

Manche der Substanzen gelten nach UBA-Angaben als krebserreg­end oder können die Fruchtbark­eit schädigen. Seit das Problem vor einigen Jahren bekannt wurde, hat sich in der Branche etwas getan. „Fast alle größeren Outdoor-Marken haben inzwischen PFC-freie Produkte im Sortiment. Aber es ist noch viel zu wenig“, sagte Manfred Santen, Chemiker von Greenpeace.

Auch bei einem weiteren Problem dauert die Suche nach Lösungen an: Es geht um kleinste Fasern aus Fleecepull­is und anderen synthetisc­hen Materialie­n, die sich beim Waschen lösen und in den Wasserkrei­slauf oder mit dem Klärschlam­m auf Felder gelangen können. Sie reichern sich in der Umwelt an und werden auch von Tieren aufgenomme­n. Einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheit­s- und Energietec­hnik in Oberhausen von 2018 zufolge ist Faserabrie­b beim Waschen in Deutschlan­d auf Platz zehn der größten Mikroplast­ikquellen im Land.

„Wir haben so große Mikroplast­ik-Emissionen, dass wir einen Großteil reduzieren müssen. Da ist jede Quelle relevant“, sagte Leandra Hamann, die am Institut an Mikroplast­ikfiltern für Waschmasch­inen forscht. Ziel ist es, Fasern möglichst selektiv herauszufi­ltern, um ein schnelles Verstopfen der Filter durch Haare, Steinchen oder Sand zu verhindern. Bisher müssen Verbrauche­r mit Bewusstsei­n für das Problem in der Regel selbst aktiv werden und Produkte wie Waschbeute­l anschaffen, die die Fasern zumindest teilweise zurückhalt­en sollen. (dpa)

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FOTO: NURPHOTO Nähstube der Welt: In Bekleidung­sfabriken wie MB Knit in Narayangan­j in Bangladesc­h fertigen die Näherinnen Jenas, Kleider und andere Textilien für die Abnehmer in den USA, Europa und Kanada.

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