Neu und jung, aber mit reichlich Erfahrung
Yves Schreiber hat die Wahl zum Ortschaftsbürgermeister von Schöten gewonnen
Vielerorts kommt es am 1. Juli zu einer Wachablösung im Bürgermeisterbüro. Die alten Verwaltungschefs müssen ihre Stühle räumen, neue rücken nach, der Wähler hat es so gewollt. Auch im kleinen Apoldaer Ortsteil Schöten wird eine Übergabe stattfinden. Bernd Ehrenberg, der zehn Jahre lang gemeinsam mit dem Ortschaftsrat die Geschicke des Dorfes lenkte, macht Yves Schreiber Platz. Dabei, das Bild von alt und neu ist ein schiefes, was die beiden betrifft. Denn vor zehn Jahren standen sie sich schon einmal im Wahlkampf gegenüber, ging die Sache denkbar knapp aus – mit einer einzigen Stimme mehr für Ehrenberg. In diesem Jahr gab es keine Neuauflage des Duells, Bernd Ehrenberg trat zur Wahl nicht mehr an. Ein Zweikampf war es dennoch.
Der Industriemechaniker Yves Schreiber ist 34 Jahre alt. Er stammt aus einer alteingesessenen Schötener Familie und ist in diesem Dorf auch aufgewachsen. Zwar scheint er eher ein introvertierter und stiller Typ zu sein, aber er ist einer, der sich schon seit seiner Jugend engagierte. So zum Beispiel in der Feuerwehr, bis diese kurz nach der Jahrtausendwende ziemlich unrühmlich eingegangen war – mangelnde Ausbildungsdisziplin veranlassten die Stadtverwaltung damals, die Feuerwehr, die erst kurz zuvor ein Kleinlöschfahrzeug erhalten hatte, aufzulösen.
Doch ein Dorf braucht einen Verein, sagte sich Schreiber. Und so gründete er als gerade mal 20-Jähriger mit ein paar Gleichgesinnten den „Jugendund Heimatverein Lindwurm Schöten“. Ein Verein, dessen Vorsitzender er noch heute ist, und der es ungeachtet der geringen Mitgliederzahl – heute sind es noch neun – stets verstanden hat, ein Mindestmaß an kulturellem und gesellschaftlichem Leben im Dorf zu erhalten. So wird wieder zum Kirmestermin regelmäßig das Brunnenfest gefeiert, das Setzen des Maibaumes ist zu einer festen Tradition geworden, es brennen Osterund Herbstfeuer, auch wenn das mit den derzeitigen Restriktionen nicht so einfach ist, es wird im Hundsgraben ab und an LiveMusik gespielt und es gibt schon eine kleine Reihe von Heimatheften.
Vier Jahre nach der Vereinsgründung wagte Schreiber seine erste Kandidatur als Ortsbürgermeister, wo er mit einer Stimme Differenz Bernd Ehrenberg (beide als Einzelbewerber) unterlag. Doch er schmollte nicht, sondern fungierte im Ortschaftsrat zehn Jahre lang als Ehrenbergs Stellvertreter. Jetzt, wo Bernd Ehrenberg diese Bürde nicht mehr tragen will, fühlt sich Yves Schreiber dazu gestählt genug. Also eine einfache „Erbschaft“? Schreiber lacht. So einfach sei es dann doch nicht gewesen. Vor allen Dingen, weil er mit Jan Lobenstein einen durchaus ernst zu nehmenden Gegenkandidaten hatte.
Und während dieser mit Faltblättern für sich warb, setzte Schreiber auf sein jahrelanges Engagement und auf persönliche Gespräche. Bei denen warb er übrigens auch für den Ortschaftsrat; weiß er doch aus Erfahrung, dass ein Ortsbürgermeister alleine nur wenig „reißen“kann. Und mit Ingo Reimann konnte er auch einen „Neuling“gewinnen, der schon seit zehn Jahren „von außen“mittut. Aus gutem Grund: 2009 hatte Reimann schlicht und einfach den Termin zur Kandidatenaufstellung verpasst.
Der Wahlabend im Mai jedenfalls wurde spannend. Nichts deutete im Vorfeld auf einen Sieg von Schreiber oder Lobenstein hin. Es sah alles nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Kandidaten aus. Der Verein gab eine kleine Wahlparty, bei der immerhin mehr als 50 Leute teilnahmen. Die Stimmung war gut, nur Yves Schreiber war hochgradig nervös. Das Ende ist bekannt: Schreiber siegte mit 120 Stimmen gegen die 49 von Jan Lobenstein. Wie ernst es die Schötener mit der Demokratie nehmen, zeigte die außerordentlich hohe Wahlbeteiligung. Knapp 83 Prozent der Berechtigten beteiligten sich an der Bürgermeisterwahl, 84,2 Prozent gar an den Ortschaftsratswahlen. Was Yves Schreiber am meisten freute: Schon zur Wahlparty gab es viele neue Ideen für das Dorf – und die Bereitschaft zur Eigeninitiative.
Der „Neue“weiß um seine Aufgaben. Er ist nicht der GrüßGott-Onkel im Dorf, obschon er zu Jubiläen oder Feiern auch Repräsentationsaufgaben zu erfüllen hat. Er sieht sich vielmehr als Schnittstelle zwischen dem Dorf und der Stadt respektive ihrer Verwaltung, vor allen Dingen dem stadteigenen Kommunalservice. Und es gibt eine Menge zu tun, auch in Fortführung der alten Prioritätenliste. So beispielsweise den Parkplatz im Ortskern, der noch ziemlich „unsortiert“aussieht. Auch der Querweg ist wieder ein Thema. Das stammt noch aus Zeiten, als Paul Richter Baudezernent der Stadt war. Der pflegte immer zu sagen: Wenn ihr Beiträge zahlt, dann machen wir auch den Querweg. Nun, seit jüngst sind Straßenausbaubeiträge kein Thema mehr. Zeit also, den Querweg wieder auf die Agenda zu heben. Auf der stehen auch der Fußweg zur Jenaer Straße (jüngst im Stadtrat durch Eckart Maaß angesprochen) und die Straßenabsackung im Neubaugebiet.
Yves Schreiber weiß, dass der Haushalt im Stadtrat geschmiedet wird, und nicht in Schöten. Dennoch wird er sich den Problemen stellen.