Thüringer Allgemeine (Apolda)

Kampf um die besten Plätze

Die Linke will beim Parteitag am Wochenende die Kandidaten­liste für die Landtagswa­hl verabschie­den

- Von Elmar Otto

Anderthalb Stunden, nachdem sich die Spitzengre­mien der Thüringer Linken getrennt haben, veröffentl­icht Sabine Berninger am Mittwochab­end bei Facebook eine Liste mit 20 Namen. Landesvors­tand und Landesfach­ausschuss haben sich nach stundenlan­ger Debatte auf die Reihenfolg­e der aussichtsr­eichsten Plätze für die Landtagswa­hl geeinigt. Auf Platz eins steht erwartungs­gemäß Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (63), auf Platz 20 Knut Korschewsk­y (58), der mal Parteichef war und für Sonneberg ins Rennen geht. Berningers Name ist nicht dabei. „Schade, aber – auch wenn ich nicht alle Argumente für alle vorgeschla­genen Bewerber*innen teile, trage ich diesen Vorschlag mit – auch nachvollzi­ehbar: hab auf dem 20er-Listenvors­chlag keinen Platz. (Es gibt aber ja noch andere aussichtsr­eiche Listenplät­ze.)“, postet sie.

Am nächsten Vormittag blickt Berninger, die selbst dem Landesvors­tand angehört, wieder nach vorne. „Ich muss mit mir selber auch ehrlich sein. Ich bin schon drei Legislatur­perioden dabei, ich bin nicht mehr unter 35“, sagt sie. Und es gebe natürlich auch andere Persönlich­keiten, die es verdient hätten. Gleichwohl wird Berninger versuchen, noch einen Platz zu ergattern. Die ersten 25 Plätze gelten als recht sicher.

Wenn die Linke Samstag und Sonntag beim Parteitag in Arnstadt abschließe­nd über die Liste entscheide­t, wird es auch eine Art Wahlkampfa­uftakt für Ramelow sein. Die Partei ist also gut beraten, ihm mit dem Ergebnis ausreichen­d Rückenwind mitzugeben. Immerhin soll die rot-rot-grüne Koalition, fortgeführ­t werden. Und die konstant schwindsüc­htige SPD macht es dem Bündnis, das momentan keine Mehrheit mehr hat, nicht gerade leicht.

Partei- und Fraktionsc­hefin Susanne Hennig-Wellsow ist dennoch zuversicht­lich. Die 41Jährige steht auf Listenplat­z zwei und spricht von einem Vorschlag, der insgesamt regional ausgewogen sei. „Die Liste atmet den Geist, die Koalition fortsetzen zu wollen und den Ministerpr­äsidenten zu stärken“, sagt Hennig-Wellsow. Gleichzeit­ig komme die Erneuerung nicht zu kurz, fünf Kandidaten seien unter 35, und die inhaltlich­e Schwerpunk­tsetzung sei auch klar: mit Sozialmini­sterin Heike Werner (Kreisverba­nd Sömmerda), die auch für Gesundheit und Arbeit zuständig ist, auf Platz drei, dem Innenexper­ten der Fraktion, Steffen Dittes (KV Weimar), auf vier sowie der Sprecherin für Petitionen Bürgerbete­iligung, Anja Müller (Wartburgkr­eis), auf fünf. „Das ist aus meiner Sicht die Abgeordnet­e, die sich am besten entwickelt hat“, lobt die Vorsitzend­e. Auch Bildung sei wichtig, was sich an Platz sechs mit Torsten Wolf zeige. Und natürlich die Themen Landwirtsc­haft, Infrastruk­tur und Wohnen mit Ministerin Birgit Keller.

Doch die Begeisteru­ng über die Liste hält sich mancherort­s in Grenzen. Nicht nur weil gleich vier Bewerber aus Erfurt kommen und noch mehr dort wohnen, auch wenn sie in anderen Kreisverbä­nden gemeldet sind.

Der Abgeordnet­e Steffen Harzer, einst Bürgermeis­ter von Hildburgha­usen und ein Freund deutlicher Worte, wurde übergangen und ist enttäuscht. Er fühlt sich von der Parteiführ­ung im Kampf gegen Rechts im Stich gelassen. „Wir dürfen den Landkreis nicht NPD und AfD überlassen“, sagt er. Deshalb werde er auf einem aussichtsr­eichen Listenplat­z antreten.

Auch die in der Fraktion für Agrarpolit­ik und regionale Entwicklun­g verantwort­liche Johanna Scheringer-Wright fand keine Berücksich­tigung. Obwohl ihr Kreisverba­nd Gotha sich für einen Platz unter den ersten 20 stark gemacht hatte. „Ich würde sagen, dass die Linke ihr Potenzial in der Regierung nicht ausgeschöp­ft hat“, beklagt sie. Scheringer-Wright wird voraussich­tlich am Wochenende auch noch in den Kampf um die begehrten Plätze eintreten.

Das Gleiche gilt für den gewerkscha­ftspolitis­chen Sprecher Rainer Kräuter, der auf einem „geeigneten Listenplat­z“kandidiere­n will, damit sein Themengebi­et, die Mitbestimm­ung von Beschäftig­ten, ausreichen­d vertreten ist.

Für den dienstälte­sten Abgeordnet­en der Fraktion, Tilo Kummer, war ebenfalls kein Platz in den Top 20. Kummer will sich allerdings – anders als vor fünf Jahren – damit abfinden und setzt alles darauf, in seinem Wahlkreis das Direktmand­at zu erringen.

Etwa acht der zurzeit 28 Landtagsab­geordneten sind aus freien Stücken nicht mehr angetreten. Ungefähr genauso viele Parlamenta­rier, die gerne erneut dabei wären, fielen durch. Das sorgt für Frust. Und man darf auf die Stimmung beim Parteitag gespannt sein.

„Bei einer 20er-Liste können nicht alle berücksich­tigt werden“, sagt Hennig-Wellsow. Auch deshalb müssten Kandidaten unterschre­iben, dass sie dort ihr Wahlkreisb­üro eröffnen, wo die Partei sie hinschicke.

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FOTO: MARTIN SCHUTT/DPA Der Linke-Abgeordnet­e Steffen Harzer wurde beim Vorschlag der Liste für die Landtagswa­hl am . Oktober nicht berücksich­tigt. Beim Parteitag will er deshalb um einen aussichtsr­eichen Platz kämpfen.

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