Brüsseler Personalpoker immer härter
Die Suche nach der EU-Führung wird zur Machtprobe zwischen Deutschland und Frankreich
Finten, Fallen, Nervenproben: Der Machtpoker um die Neubesetzung der europäischen Spitzenposten wird immer härter. Um wenigstens weiteren Schaden für die deutsch-französischen Beziehungen abzuwenden, trafen sich Angela Merkel und Emmanuel Macron am Donnerstag noch vor dem offiziellen Beginn des EU-Gipfels in Brüssel zum Gespräch mit Ratspräsident Donald Tusk.
Der französische Präsident gab sich unschuldig: Von einer Krise zwischen Berlin und Paris zu sprechen, sei ein Irrtum, behauptete er. Um gleich darauf die Bewerbung des Deutschen Manfred Weber für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten als Schnee von gestern abzutun. Jetzt gehe es darum, das „beste Team für Europa“zusammenzustellen. Eine Provokation, wieder mal: Merkel, die Weber weiter unterstützt, mahnte, die Regierungschefs müssten Respekt vor dem EU-Parlament zeigen – dort ist Weber Chef der stärksten Fraktion, christdemokratischen EVP-Fraktion. Für das Amt des Kommissionspräsidenten sei eine gemeinsame Lösung mit dem Parlament notwendig, so Merkel. Die Regierungschefs haben das Vorschlagsrecht, die Abgeordneten aber wählen den mächtigen Präsidenten und wollen dabei mehrheitlich nur jemanden unterstützen, der bei der Europawahl als Spitzenkandidat angetreten ist. Klar ist: Ohne eine deutsch-französische Einigung werde es so schnell keine Lösung für die Besetzung der EU-Top-Jobs geben, heißt es in deutschen Regierungskreisen.
Doch der Nervenkrieg hat erst begonnen. „Wenn Weber im Parlament scheitert, scheitern auch die anderen“, heißt es in der EVP. Ein riskantes Spiel für die Parlamentarier – geben sie den Anspruch auf, dass nur ein Spitzenkandidat Kommissionspräsident werden soll, wäre das eine folgenreiche Niederlage im Machtkampf mit dem EU-Rat der Mitgliedsstaaten. Die Lage ist aber auch unter den Regierungschefs kompliziert: Sie müssen unterschiedliche Interessen ihrer Parteien und ihres Landes unter einen Hut bringen.
Im Personalpaket zu vergeben ist dabei nicht nur das Amt des Kommissionspräsidenten, sondern auch das des EU-Ratspräsidenten, des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) und des EU-Außenbeauftragten. Mit einer Einigung beim Gipfel wurde nicht gerechnet. Ziel sei eine Verständigung in der kommenden Woche – vor der ersten Sitzung des EU-Parlaments am 2. Juli.