Kriege und Konflikte fußen nicht im Glauben
Machttrieb und Egoismus der Menschen haben viel Leid über die Erde gebracht
Zum Leserbrief „Religion ist Privatsache“vom 8. Juni:
Dass „Religion Privatsache“wäre, hätten schon die Kommunisten der DDR gerne gehabt, dass man die Religion nur im stillen Kämmerlein ausübt und sie am besten abstirbt. Was wäre wohl aus unserer friedlichen Revolution geworden, wenn sie nicht das Dach der Kirchen zur Verfügung gehabt hätte? Was würde aus den unzähligen karitativen Einrichtungen (Krankenhäuser, Heime, Kindergärten usw.), die auch für die DDRKommunisten manches Problem lösten, auch wenn sie sie immer bekämpften?
In vielen Dingen hat der Schreiber recht. Was mich an dem Artikel aber am meisten stört, ist die Pauschalisierung. Dass, wer glaubt, aufhört zu denken, ist nur eine der unerträglichen Verallgemeinerungen, die einem immer einfallen, wenn man zu differenzierter Betrachtungsweise nicht bereit ist.
Alle Kriege und Konflikte fußen nicht im Glauben, sondern im Machttrieb und Egoismus der Menschen. Bitte nicht den Sack prügeln, wenn man den Esel meint. Im Namen der Religionen wurden im Lauf der Geschichte viel Gewalt, Unrecht und Unfrieden ausgelöst. Auch Religion lässt sich missbrauchen, genau wie ein Messer, mit dem man nicht nur Kartoffeln schälen, sondern auch einen Menschen erstechen kann.
Über gute Folgen der Religion wird immer nicht viel gesprochen, weil sie längst nicht so spektakulär wie die schlimmen Dinge sind.
Selbst im Christentum behauptet nicht jede der zahllosen Gruppierungen, die einzig Wahre zu sein. Schon mal von Ökumene gehört? Mit dem Verbot von Kippa, Kreuz und Kopftuch macht es sich der Schreiber zu einfach. Auch meine Oma trug gern ein Kopftuch. Will er das nachträglich verbieten?
Hans Erich Müller, Mühlhausen