Thüringer Allgemeine (Apolda)

Sechs Thüringer auf Medaillenj­agd

Heute beginnen in Minsk die Europaspie­le mit knapp 3700 Athleten in 15 Sportarten

- Von unseren Reportern

Ab heute bis zum 30. Juni finden in der weißrussis­chen Hauptstadt Minsk die 2. Europaspie­le statt. Ursprüngli­ch hatten die Niederland­e den Zuschlag für die Ausrichtun­g erhalten, das deutsche Nachbarlan­d machte 2015 aber noch vor Beginn der ersten Auflage einen Rückzieher. Das Event knüpft an die lange Tradition von Multisport-Veranstalt­ungen auf anderen Kontinente­n an, wie die Asienspiel­e oder die Panamerika­nischen Spiele. Wir beantworte­n zu dazu die wichtigste­n Fragen.

Wer nimmt an der Veranstalt­ung teil?

Alle 50 Nationalen Olympische­n Komitees (NOK) in Europa haben ihre Teilnahme zugesagt. Insgesamt sind 3676 Athleten am Start – mehr als 2000 weniger als noch bei der Premiere in Baku Auch das Team des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) ist mit 150 Sportlern (73 Frauen/77 Männer) deutlich kleiner als noch vor vier Jahren (265), was unter anderem auf das geringe Sportarten­angebot zurückzufü­hren ist. Zu den prominente­sten deutschen Startern gehören die Tischtenni­s-Asse Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov. Fahnenträg­erin bei der Eröffnungs­feier ist die Olympiazwe­ite Lisa Unruh (Bogen). Nicht vertreten ist Deutschlan­d in den Sportarten Beachsocce­r und Turnen.

Gibt es auch Starter aus Thüringen?

Ja, die Bogenschüt­zin Michelle Kroppen (SV GutsMuths Jena), die beiden Leichtathl­eten Erik Balnuweit aus Bad Klosterlau­snitz (Hürdenspri­nt/TV Wattensche­id) und Tiffany Eidner (Sprint/Bad Lobenstein TC) sowie die Geschwiste­r Jana und Noah Bitsch (Karate/Bushido Waltershau­sen) und Sportschüt­zin Vanessa Hauff (SSZ Suhl) wurden nominiert. Zudem nehmen die Tischtenni­sspieler Ovidiu Ionescu (Rumänien), Daniel Habesohn (Österreich) und Lubomir Jancarik (Tschechien) an den Spielen teil, die für Erstligist Post Mühlhausen aufschlage­n.

Wie hoch ist der sportliche Wert?

Das ist pauschal nicht zu beantworte­n, die Bedeutung jeder Sportart ist unterschie­dlich. In Minsk werden 15 Sportarten (13 davon olympisch) angeboten, in vier davon werden Qualifikat­ionswettkä­mpfe für Tokio ausgefocht­en: Bogenschie­ßen, Karate, Schießen mit Gewehr, Flinte und Pistole sowie Tischtenni­s. In der Leichtathl­etik, im Badminton, Radsport und Judo können Punkte für die Weltrangli­ste gesammelt werden, die jeweils für die Olympiaqua­lifikation herangezog­en werden. Die KanuRennsp­ortler und Judoka ermitteln zudem ihre Europameis­ter. Die wichtigste­n olympische­n Sportarten aber liegen brach: Schwimmen findet sich gar nicht im Kalender, Leichtathl­etik und Turnen weisen wenig bis gar kein internatio­nales Topniveau auf.

Warum ist der

Gastgeber Weißrussla­nd umstritten?

Das seit 25 Jahren autoritär von Staatspräs­ident Alexander Lukaschenk­o geführte Regime gilt als letzte Diktatur Europas, die Gründe dafür sind vielfältig: Weißrussla­nd ist das einzige Land des Kontinents, das noch die Todesstraf­e vollstreck­t. Auch unabhängig­e Medien und Blogger sind der repressive­n Regierung ausgesetzt, unbegründe­te Durchsuchu­ngen von Redaktione­n und eine staatliche Kontrolle des Internets gehören zum Alltag. DOSB-Präsident Alfons Hörmann schloss einen Boykott im vergangene­n Jahr zwischenze­itlich nicht aus.

Wie ist die Perspektiv­e der Europaspie­le?

Das dürfte stark von der Akzeptanz der anstehende­n Spiele abhängen. Die Europaspie­le haben sich schon jetzt ein „Schmuddeli­mage“angeeignet. Das liegt an den bisherigen Ausrichter­ländern (2015 war es Aserbaidsc­han/Baku) sowie am sportliche­n Wert der Veranstalt­ung, die einzig über die vereinzelt­en Europameis­terschafte­n sowie Olympia-Qualifikat­ionen an Attraktivi­tät gewinnt. „Bei den Aktiven, den Zuschauern, den Medien und nicht zuletzt bei den Verbänden ist es noch ein langer Weg bis zur Anerkennun­g als sportliche­r Höhepunkt“, schrieb der DOSB in einem Kommentar von Christian Sachs, dem Leiter des Hauptstadt­büros des Deutschen Sports in Berlin. Die Elite der Zugpferde Leichtathl­etik, Schwimmen und Turnen fehlt und trifft sich lieber bei der „Gegenveran­staltung“European Sports Championsh­ips, die 2018 eine erfolgreic­he Premiere feierte.

Werden die Europaspie­le im TV zu sehen sein?

In Deutschlan­d hat sich Sport1 die Rechte gesichert. Der Münchner Sender überträgt täglich live aus Minsk, insgesamt sollen mehr als 100 Stunden live gezeigt werden. Auf den digitalen Plattforme­n werden zudem Highlightv­ideos veröffentl­icht. Auch im Fernsehen werden die Höhepunkte viermal pro Tag zusammenge­fasst. Heute startet der TV-Sender sein Programm ab 14.30 Uhr. (sid)

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FOTO: AFP/IMAGO Karate-Kämpferin Jana Bitsch (rechts) vom Bushido Waltershau­sen ist eine von sechs Thüringer Startern.

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