Thüringer Allgemeine (Apolda)

Kinderspie­l vor großer Reform

Heute kommt das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes zusammen. Auf der Agenda steht dann auch die Kinder-Spielform Funiño

- Von Nils Bastek

Längst spielen auch in Thüringen Kinder aus aller Welt gemeinsam Fußball. Doch müssen sich die Jüngsten bald auf große Veränderun­gen und die Spielform Funiño einstellen? Und was ist das eigentlich?

Am besten nähert man sich über den Begriff an. Das Wort setzt sich zusammen aus dem englischen Wort für Spaß und dem spanischen für Kind. Tatsächlic­h handelt es sich dabei um eine Fußball-Spielform für die Jüngsten, grob beschreibe­n könnte man es so: Drei gegen Drei auf vier kleine Tore ohne Torhüter. Ein Kinderspie­l also, das aber bei manchem Erwachsene­n große Sorgenfalt­en verursacht.

Denn es könnte in deutschen Fußballver­einen schon bald häufiger zur Anwendung kommen, als es einigen lieb ist. An diesem Freitag tagt das Präsidium des Deutschen FußballBun­des (DFB) und dabei wird es auch um Funiño gehen. „Das Thema steht als Teil eines Gesamtkomp­lexes auf der Agenda der Präsidiums­sitzung“, teilte der DFB auf Nachfrage mit. Steht die DFB-Spitze Funiño positiv gegenüber, wird der DFB seinen Landesverb­änden zur kommenden Saison eine entspreche­nde Reform empfehlen.

Demnach könnten dann die Fünf- bis Neunjährig­en künftig Funiño spielen, erst ab der D-Jugend würde wieder „normal“in größeren Teams auf zwei Tore mit Torhütern gekickt. „Wir wollen eine zentrale Kampagne fürs neue Spieljahr“, bestätigte DFB-Vizepräsid­ent Hans-Dieter Drewitz dem „Kicker“.

Meikel Schönweitz, Cheftraine­r der U-Nationalma­nnschaften beim DFB, sagte: „Die neuen Spielforme­n sollen allen Kindern auf dem Platz so häufig wie möglich die Chance geben, Einsatzzei­ten zu erhalten, den Ball selbst am Fuß zu haben, eigene Aktionen zu haben, Tore zu erzielen und damit persönlich­e Erfolgserl­ebnisse zu haben.“

Das neue Konzept soll zwar keine Anordnung sein, sondern nur eine Empfehlung. Wenn also ein Verein oder Fußballkre­is seine Jüngsten gerne weiter im Sieben gegen Sieben auf zwei normalgroß­e Tore spielen lassen möchte, führt das nicht zu Sanktionen seitens des DFB. Dennoch wird im Amateurlag­er seit dem Bekanntwer­den der Funiño-Pläne teils heftig diskutiert.

Zunächst mal gibt es die finanziell­e Sorge. Viele Vereine fragen sich: Wer bezahlt mir denn die ganzen Mini-Tore, die ich dafür anschaffen müsste? Dann gibt es die sportliche­n Fragezeich­en. Der frühere Weltmeiste­rKeeper Bodo Illgner äußerte sich angesichts der DFB-Pläne in einer „Kicker“-Kolumne besorgt über die künftige Ausbildung von Torhütern.

„Man sollte sie nicht erst mit 10 oder 11 ins Tor lassen“, schrieb der 52-Jährige. „Es ist schon ein Problem, wenn ein Torwart zwischen 6 und 10 Jahren, der eh noch nicht so oft trainiert, nicht mal seine Grundregel­n bekommt oder vertieft.“Aber sind all diese Sorgen berechtigt? Überwiegen nicht die Vorteile dieser Spielform?

Der ehemalige Hockey-Bundestrai­ner Horst Wein hatte nach seinem Wechsel in die Fußball-Ausbildung schon in den Achtzigerj­ahren ein FuniñoKonz­ept entwickelt. Seit der DFB spätestens nach der desolaten WM in Russland erkannt hat, dass die Ausbildung technisch starker Individual­isten zu kurz kommt, könnte Funiño nach Überzeugun­g des Verbandes ein Baustein auf dem Weg zur Besserung werden.

Jedes Kind bekommt die Chance auf deutlich mehr Ballkontak­te und Torerfolge, es gibt kaum Wartezeite­n, und selbst die zahlreiche­n Vereine auf dem Land dürften angesichts der geringen Anzahl an Spielern kaum Probleme haben, Mannschaft­en zu stellen. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Feedback der Kinder sehr gut ist und dass diese Spielform Sinn ergibt“, sagt Schönweitz. (dpa)

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FOTO: MARC SCHÜLER/IMAGO Beim Funiño-Spiel in der Fußballsch­ule in MörfeldenW­alldorf.

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