Thüringer Allgemeine (Apolda)

40, weiblich und dann?

Die Midlife-Crisis ist plötzlich nicht mehr nur männlich. Immer mehr Frauen sprechen öffentlich über die Veränderun­gen

- Von Diana Zinkler

Die Probleme nehmen mit 40 schon mal zu. Für Frauen wird es schwerer, Gewicht zu halten. Der Stoffwechs­el verändert sich, die Muskelmass­e nimmt ab. In Parfümerie­n sind die Verpackung­en von Hautpflege­produkten für die Ab-40Jährigen jetzt dunkelrot, dunkelblau, silbern oder goldfarben. Es fehlt jugendlich­es Rosé. Mode in dem Alter wird als „edel“beworben, nicht als „sexy“. Und natürlich, die Kinderfrag­e, spätestens, wenn die Vier auftaucht, sollte man sich als Frau darüber klar werden, ob man noch Kinder will. Denn das Zeitfenste­r der Fruchtbark­eit schließt demnächst. Am bittersten ist aber sicher die Erkenntnis: Die Hälfte des Lebens ist schon vorbei, statistisc­h gesehen.

Die Frau ab 40. Was ist dran an diesem nicht ganz einfachen Lebensabsc­hnitt über den immer mehr Frauen offen sprechen? Bisher war die Midlife-Crisis immer irgendwie männlich. Mann mit Familie und Karriere kauft sich Sportwagen, verlässt die Frau und sucht sich eine Freundin. So das Klischee. Diese Krise klang immer ein bisschen wie eine Entschuldi­gung für: Schatz, es geht ja nicht anders. Mein Kopf, die Psyche, sie will es so.

Vielleicht liegt es an der Gleichbere­chtigung: Zu der auch die Krise in der Lebensmitt­e gehört. Auch Frauen wandeln sich plötzlich. Begehren auf, sagen „Nein“, begeben sich auf die erneute Suche nach dem Ich. Biologen haben dafür eine Erklärung: Mit dem Alter verändert sich die hormonelle Ordnung. Östrogene nehmen ab, der Einfluss des Gestagens nimmt zu. Die typisch weibliche Seite, Anpassung, nicht zornig und aufbrausen­d reagieren, baut ab zugunsten der männlichen.

Ein weitere Zutat ist die äußere Veränderun­g. Susanne Schneider schreibt im „SZ-Magazin“, dass sie im Alltag unsichtbar geworden sei, wie Luft. Anne Philippi erklärt in der „FAZ“, dass sie keine Lust mehr auf Produkte für reife Frauen habe, dass sie sich Botox spritzen lasse und dass sie schon gar nicht in „Würde altern“will. Pamela Druckerman (49), Bestseller­autorin und Amerikaner­in in Paris, notiert in ihrem Buch „Vierzig werden à la Parisienne“(Mosaik Verlag), dass man mit 40 von einer Bühne abtritt, „ohne die nächste bereits erobert zu haben“. Nach ihrem internatio­nal erfolgreic­hen Erziehungs­ratgeber „Bringing up Bébé“stellte sie fest, dass über ihre eigene Lebensphas­e bisher wenig bekannt ist. Im Telefonat mit unserer Redaktion zitiert sie Arthur Schopenhau­er: „Die ersten vierzig Jahre unseres Lebens liefern den Text, die folgenden dreißig den Kommentar dazu.“

Sie selbst wollte mehr verstehen von sich, von dem, was nun mit ihr passierte. Auf die Frage, warum 40 eigentlich anders ist als davor, antwortet sie: „Bis dahin ist man sein Leben lang jung, das ist alles, was man weiß. Aber plötzlich mit 40 überrascht man niemanden mehr. Ob man nun Vorsitzend­e des Obersten Gerichtsho­fs ist oder Präsidenti­n.“Besonders erschütter­nd fand sie, wie sie von nun an in Restaurant­s behandelt wurde. „Mit 40 begannen innerhalb von ein paar Wochen die Kellner im Café mich mit Madame anzusprech­en. Vorher war ich

immer die Mademoisel­le, die unverheira­tete, junge Frau.“Plötzlich hatte sie eine Schwelle übertreten. „Ich konnte vor dem wahren Alter meines Gesichtes nicht mehr fliehen.“Eines habe sie mit der Zeit gelernt: „Wenn man versucht, so jung wie möglich auszusehen, ist das der sicherste Weg, alt auszusehen.“

Doch das ist das Äußerliche, was ist mit dem 40-jährigen Inneren? „Manchmal denke ich immer noch, ich bin noch nicht ganz da, wo ich gern sein würde. Obwohl ich überlegter, erwachsene­r, vielleicht auch gelassener bin als früher.“Eine Erfahrung, die auch Moderatori­n Barbara Schöneberg­er (45) gemacht hat. Der „Gala“gestand sie, dass sie immer dachte mit 40 würde alles schlechter. Doch das Gegenteil war der Fall: „Ich muss aber ganz klar feststelle­n, dass es mit 40 eigentlich erst so richtig losging. Ab 40 habe ich viel lockerer auf die Dinge geblickt, und ich bin auch viel stolzer auf alles Erreichte als vorher.“Sie wisse inzwischen besser, was sie wolle. Und habe dann auch den Mut gehabt, eine eigene Frauenzeit­schrift („Barbara“) zu gründen. Doch manche Entscheidu­ngen werden einem ab 40 abgenommen. Wie die Kinderfrag­e. Pamela Druckerman beschreibt den Druck, der auf dem Thema liegt: „Wenn es dann irgendwann keine Möglichkei­t mehr gibt, Kinder zu bekommen, sind Frauen oft erleichter­t, dass sich das Problem von allein gelöst hat.“Druckerman schlägt vor, sich beim Altern ein bisschen mehr an den Franzosen zu orientiere­n. Statistisc­h gesehen haben zwar auch dort ältere Frauen weniger Sex, doch nicht so radikal weniger wie etwa in den USA.

Es gibt laut Druckerman auch die guten Seiten am Alter, die Weisheit, die aus folgenden erlernten Fähigkeite­n resultiere: Die bessere Menschenke­nntnis, psychische Widerstand­sfähigkeit, Erfahrung und das Wissen darüber, wann es besser ist, nichts zu tun. Ihr Tipp für jedes Alter: „Versuche immer die beste Version von dir zu sein, die es gibt.“

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FOTO: DMITRY KOSTYUKOV/DDP Barbara Schöneberg­er, , hatte auch Angst vor der , findet aber, dass danach alles besser geworden ist.
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Pamela Druckerman, 49, Bestseller­autorin
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Das ehemalige Mitglied der Band Tic Tac Toe,

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