Thüringer Allgemeine (Apolda)

Forderung nach Freibier, Skaterhall­e und kostenlose­n Parkplätze­n für Anwohner

Plakatakti­on in Apolda stößt binnen weniger Tage auf große Resonanz. Die fällt allerdings nicht nur positiv aus

- Von Sascha Margon

Apolda. Die Aktion hat eingeschla­gen wie eine Bombe und hat binnen Stunden für reichlich Aufmerksam­keit gesorgt, was am Ende nicht nur die Akteure überrascht hat. Nun musste die Aktion, Jugendlich­e mehr in Entscheidu­ngen zu integriere­n, vorerst ausgesetzt werden. Was war passiert?

Vergangene­n Dienstag wurden im Stadtgebie­t zwölf Plakattafe­ln aufgehange­n. Leere weiße Flächen, die dazu auffordert­en, Wünsche und Anregungen an Bürgermeis­ter Rüdiger Eisenbrand, die Stadt Apolda, den Kreis Weimarer Land oder auch an den Bund in Berlin zustellen. Die Initiatore­n vom Jugendforu­m, das unter dem Dach des Vereins zur interkultu­rellen Bildung und Gewaltpräv­ention angesiedel­t ist, hatten dabei eines im Sinn: Kinder und Jugendlich­e zur Sprache kommen lassen, ihnen die Chance geben beispielsw­eise bei der Entwicklun­g in ihrer Stadt ein Wörtchen mitreden zu dürfen.

Gleichzeit­ig waren alle Anwohner und Bürger nicht ausgeschlo­ssen, ebenso hier ihre Gedanken aufzuschre­iben. Damit hatte man voll ins Schwarze getroffen, wie das Beispiel

Kantplatz zeigt, wo nach knapp eineinhalb Stunden die Tafel keinen Platz für weitere Notizen bot. An anderen Stellen wurde sogar auf Vorder- und Rückseite geschriebe­n, wie am Busbahnhof oder in der Herressene­r Promenade.

Auf dem Kantplatz hatten Jugendlich­e bereits beim Aufhängen ersten Ideen parat. Zwar waren die nicht immer realistisc­h, dennoch zeigen sie, wo der Jugend der Schuh drückt. So wünschen sich viele Skater auf dem Kantplatz ein bisschen mehr Abwechslun­g. „Der Platz hier ist ziemlich klein und beengt. Die Tricks, die man machen kann, sind irgendwann langweilig“, meldet sich ein regelmäßig­en Besucher zu Wort und wünscht sich einen zweiten Skaterplat­z in Apolda. Mehrfach gab es den Wunsch nach einer Skaterhall­e, die man auch bei schlechten Wetter oder im Winter nutzten kann, um nicht in der Bude hocken bleiben zu müssen.

Gleichzeit­ig gehen die Bitten auch in andere Richtung, wie ein Autor sich auf einer Tafel ausdrückt: „Keine Drogen und kein Alk (Anmerkung der Redaktion: Alkohol) auf dem Kantplatz“. Ein weiterer wünschte sich das Verbot von Kleinkinde­rn auf dem Skaterplat­z oder den Rückbau des asphaltier­ten Bolzplatze­s, der seiner Meinung nach nur für Schlägerei­en und weniger für Sport genutzt wird.

Neben alltäglich­en Forderunge­n an anderer Stelle, wie kostenlose Anwohnerpa­rkplätze, mehr Mülleimer im Stadtgebie­t gab es auch Scherzbold­e, die sich etwa am Glockenhof­center mit dem Ruf nach Freibier an einer Tafel verewigten.

Allerdings gab es auch zahlreiche negative Äußerungen. Passanten nahmen heftig Anstoß an aufgemalte­n Penissen und beschwerte­n sich bei den Behörden. Alles andere als anstößig waren allerdings jene strafrecht­lich relevanten Bekundunge­n. Wie Stefan Kuhirt vom Projekt Partnersch­aft für Demokratie, das die Plakatakti­on unterstütz­t, auf Nachfrage erklärt, habe man an einigen Standorten Hakenkreuz­e gefunden, die zwar teilweise als Fenster wieder übermalt wurden, aber dennoch die Polizei auf den Plan riefen. Schlussend­lich wurden auch antisemiti­schen Parolen auf einige Tafeln geschriebe­n, was das Ende der Aktion bedeutete. Seit Donnerstag wurden die Tafeln abgenommen.

Nun will man die Aktion auswerten und mit dem Ergebnis bei Stadt und Kreis vorstellig werden, bevor diese in kontrollie­rterer Form in eine zweite Runde gehen könnte, an Schulen, in Jugendclub­s. Was in Apolda als Pilotproje­kt angeschobe­n wurde, könnte in anderen Städten oder auf dem Land folgen.

„Wir wollen Jugendlich­e mehr in das öffentlich­e Leben einbinden, ihnen die Chance geben, dass sie ernst genommen, selbst Verantwort­ung tragen und an Entscheidu­ngen beteiligt werden. Schließlic­h bedeutet der Ausschluss von Jugendlich­en Entmündigu­ng einer ganzen Generation. Das ist keine Demokratie“, erklärt Initiatori­n Marie-Luise Sittauer vom Jugendforu­m..

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FOTOS (2): SASCHA MARGON Elena Fiedler (links) und Marie-Luise Sittauer vom Jugendforu­m sind über das Echo mehr als überrascht.
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Die Tafel auf dem Kantplatz war in kurzer Zeit beschriebe­n.

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