„Es geht ihm nicht gut“
Nach dem brutalen Angriff in der Erfurter Straßenbahn kommt der junge Syrer nicht zur Ruhe
Erfurt. „Es geht ihm nicht gut“, sagt Medine Yilmaz. Die Erfurterin steht in engem Kontakt mit dem jungen Syrer, der in einer Erfurter Straßenbahn von einem Mann brutal gegen den Kopf getreten und beschimpft wurde. „Er hat sich komplett zurückgezogen, auch von seinen Freunden, kämpft mit dem Gefühl, die Kontrolle über sein Leben verloren zu haben“, beschreibt sie den seelischen Zustand des 17-Jährigen. Er kam vor einigen Jahren in die Stadt, auf Wegen wie die Mehrheit der Geflüchteten. Mehr bitte nicht über ihn. „Er hat Angst, will unerkannt bleiben“, sagt seine Vertrauensperson. Auch wenn er es als große Erleichterung empfinde, dass der Täter in Haft ist. Er wisse, dass die Attacke jeden hätte treffen können, und frage sich gleichzeitig immer wieder: Warum ich? Er habe den Schläger mit keinem Wort provoziert, hatte nicht einmal Blickkontakt. Der Angriff habe ihn völlig unerwartet getroffen, er sei wie gelähmt gewesen, unfähig sich zu wehren oder wegzulaufen. Er könne nicht verstehen, warum niemand in der Straßenbahn eingegriffen hat. „Aber er verspürt keinen Hass auf die Deutschen“, sagt Medine Yilmaz. Es sei ihm wichtig, auch das klar zu sagen. Die Angst von Menschen mit Migrationshintergrund vor Übergriffen werde oft als überzogen abgetan, weiß Medine Yilmaz. Die Brutalität der Angriffs beweise, dass diese Angst begründet sei. Sie erreichen viele Anfragen, wie man helfen kann.
Psychologische Unterstützung erhält der 17-Jährige von Ezra. „Aber seine Wohnbedingungen sind schwierig, bieten kaum Rückzugsmöglichkeiten“,
erklärt Medine Yilmaz. Und sie liegt in einem Viertel mit vielen sozialen Problemen. Eine Wohnung, in der er zu Ruhe kommen kann, in einer Umgebung, in der er sich sicherer fühlt: Das wäre für ihn jetzt wichtig, um irgendwann in einen Alltag zurückzufinden. Der Unterstützerkreis hat mit der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland eine Spendenaktion ins Leben gerufen.