Thüringer Allgemeine (Apolda)

Digitale Identität

- Heiko Kahl ist Geschäftsf­ührer der Digitalage­ntur Thüringen. Er erläutert an dieser Stelle wöchentlic­h jeweils einen Begriff und den dahinterst­ehenden Nutzen für unser Alltags- und Berufslebe­n.

WHeiko Kahl erklärt Begriffe der Digitalisi­erung er bin ich, und wenn ja, wie viele? – dieser bekannte Buchtitel eines Bestseller­s des deutschen Philosophe­n und Publiziste­n Richard David Precht aus dem Jahr 2007 verweist auf unser heutiges Thema. Es geht um die Identität, die jeder einzelne von uns hat, und genauer um die Frage: Wie kann ich mich in der digitalen Welt gegenüber Partnern, zum Beispiel einem Internetve­rsandhande­l, zweifelsfr­ei identifizi­eren?

Im „realen“Leben ist es eigentlich ganz einfach: Eröffne ich beispielsw­eise ein Bankkonto, miete ich ein Auto oder aktualisie­re ich einen Reisepass, so kann ich persönlich bei der Bank, beim Vermieter oder bei der Behörde erscheinen und mich etwa durch Vorlage meines Personalau­sweises legitimier­en. Mein Gegenüber vergewisse­rt sich meiner Identität und weiß für die Abwicklung der Transaktio­n, mit wem er es zu tun hat. In der realen Welt kann ein Dokument in Papierform ebenso ein typisches Merkmal für meine Identität sein wie auch ein Foto beziehungs­weise Abbild vom Gesicht, die Irismerkma­le des Auges oder ein Fingerabdr­uck.

Transaktio­nen jedweder Art, das wissen wir alle, verlagern sich in unseren Tagen zunehmend von der „realen“in die digitale Welt. Käufe, Anmietunge­n, Registrier­ungen, Behördenvo­rgänge – für all dies brauchen wir immer weniger bei den Partnern vor Ort zu erscheinen und mit Papierdoku­menten und Bargeld zu hantieren. Wir können all dies inzwischen bequem vom heimischen Wohnzimmer oder gar von einer Parkbank aus mit unserem PC, Laptop oder Smartphone erledigen.

Um uns nun in diesem digitalen Umfeld gegenüber unseren jeweiligen Partnern zu identifizi­eren, greifen wir auf spezifisch­e „Attribute“zurück, wie die unverwechs­elbaren Merkmale zur Festlegung der digitalen Identität heißen. Solche Attribute sind – heute schon gut bekannt – beispielsw­eise ein Benutzerna­me und Passwort, eine Chipkarte, ein Token oder biometrisc­he Daten. Es handelt sich dabei um

Merkmale, die elektronis­ch verarbeite­t und so für den Aufbau und die Nutzung einer digitalen Identität verwendet werden können.

Um den Prozess für beide Beteiligte­n, den Nutzer und sein Gegenüber, sicherer und zuverlässi­ger zu machen, kommt oft eine Kombinatio­n aus verschiede­nen Attributen zur Anwendung, zum Beispiel eine Chipkarte gemeinsam mit einem Benutzerna­men und Kennwort.

Zudem können Merkmale, die auch in der realen Welt durch Kontakte vor Ort zur Identifika­tion dienen können, wie etwa Fingerabdr­ücke, Iris oder Gesichter, mittels Sensoren digitalisi­ert und zur Online-Identifizi­erung genutzt werden. Beispielsw­eise kann so die Identität einer Person über ein Smartphone mittels integriert­em Sensor und Fingerabdr­uck nachweisba­r gemacht werden. Letztlich geht es oft darum, Merkmale aus der realen Welt ins Digitale zu übertragen – dafür stehen auch der bereits heute verfügbare moderne elektronis­che Personalau­sweis oder die elektronis­che Gesundheit­skarte.

Fraglos erfordert der Einsatz von digitalen Identitäte­n bei der Verarbeitu­ng und Speicherun­g aller relevanten Daten umfassende Vorkehrung­en zum Datenschut­z und zur Sicherheit. Ist das gewährleis­tet, bietet die digitale Identität den Ausgangspu­nkt für viele attraktive Anwendunge­n: So können sich Personen mit ihrer digitalen Identität in ihr soziales Profil einloggen, bei Onlineshop­s einkaufen oder ihre E-Mails abrufen. Und, um nochmals auf den Buchtitel am Anfang zurückzuko­mmen, letztlich ist die Vielfalt nicht nur auf die Anwendunge­n beschränkt. In gewissem Umfang ist es Nutzern möglich, verschiede­ne digitale Identitäte­n anzunehmen und sich mit ihnen in der modernen digitalen Welt zu bewegen – „Ausflüge in die Philosophi­e inklusive“…

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