Thüringer Allgemeine (Apolda)

Das sagen die Kapitäne

- Von Stephan Klaus

Blankenhai­n. „Ein Teil des Fußballver­eins in Blankenhai­n zu sein, muss man erleben; das kann man nicht beschreibe­n. Ich konnte es nie übers Herz bringen, woanders hinzugehen.“

Die Liebesbeku­ndung für seinen FSV Grün-Weiß lässt die Rarität bereits erahnen: Lucas Sorge, heute 33 Jahre alt, hat das Kunststück geschafft, in seiner nun mehr als ein Vierteljah­rhundert währenden Karriere nie den Verein gewechselt zu haben. Er genießt das Vereinsleb­en mit jedem Atemzug, das Umfeld, die jüngere Geschichte mitsamt der Auf- und Abstiege beim aktuellen Kreisoberl­igisten.

Seit fünf Jahren ist Sorge, der sich selbst durchaus als Lautsprech­er auf dem Fußballpla­tz einschätzt, Kapitän seines Teams. Er trägt die Binde des Spielführe­rs mit Leidenscha­ft und Stolz.

Jenem Stolz, den er empfindet, wenn er an die jüngste Aktion der Männerteam­s eins und zwei verweist. Wenige Tage sind vergangen, als die Spieler die neuen Trikotsätz­e in Grün und Weiß vorgestell­t haben. Die Besonderhe­it prangt in großen Lettern auf der Brust: DKMS. Die Idee, Werbung für die ehemals als Deutsche Knochenmar­kspenderda­tei bekannte gemeinnütz­ige Organisati­on im Kampf gegen Blutkrebs kam aus den Teams heraus, ein Sponsor hat sie sofort unterstütz­t.

„Jetzt würden wir natürlich gern im Rahmen eines Fußballspi­els die Möglichkei­t einer Typisierun­g anbieten. Doch leider geht sportlich ja im Moment nichts.“

Der Sport und das Vereinsleb­en fehlen Lucas Sorge derzeit am meisten. Die Arbeit kann der SoftwareEn­twickler neben dem Homeoffice zum Teil noch mit den wenigen Kollegen verrichten – was ihm als Teamplayer wichtig ist. „Das ist schöner, als allein zu arbeiten“, sagt Sorge bestimmt. Ein Grundsatz von ihm ist, die Dinge gemeinsam anzupacken, um sich auch gemeinsam über das Erreichte zu freuen.

Das sollte optimalerw­eise erfolgreic­h sein. „Ich würde mich schon als ziemlich ehrgeizig einstufen“, so der Kapitän. Aufgrund dieser Begebenhei­t ist sein Votum zum freiwillig­en Abstieg 2020 aus der Landesklas­se schon etwas überrasche­nd. „Als wir im letzten Sommer über die Ligazugehö­rigkeit diskutiert­en, habe ich wohl zum ersten Mal für den Weg der unteren Spielklass­e gestimmt. Wir waren ziemlich gespalten. Sonst will ich immer so weit vorn wie möglich sein. Doch wir befinden uns mitten im Umbruch. Ein weiteres Jahr Landesklas­se wäre vermessen gewesen.“

Aus der starken Mannschaft Mitte des vergangene­n Jahrzehnts mit zwei Landesklas­se-Aufstiegen und dem Kreispokal­gewinn 2016 sind etliche Spieler altersbedi­ngt ausgeschie­den. Die Mischung aus Routine und Erfahrung ist voll im Gange. „Aber noch lange nicht abgeschlos­sen. Von einer notwendige­n Konstanz im Spiel kann keine Rede sein, wir hatten zuletzt fast jede Woche mit einer anderen Mannschaft gespielt. Auch wenn es vor der Coronapaus­e mit zwei Siegen ganz gut gelaufen war.“Zum Zeitpunkt des Abbruchs steht Blankenhai­n auf Kreisoberl­iga-Rang zehn.

Ein Umbruch also – ein gestreckte­r, aber mächtiger: „Mit Vitalij Kraft vom SV Am Ettersberg haben wir schon den ersten Neuen“, erzählt Sorge. „Mit weiteren Spielern führen wir Gespräche. Namen verraten wir natürlich erst, wenn die Jungs bei uns angekommen sind.“

Das Gleiche gilt für den Trainer. Dessen Posten hatte jüngst ein weiteres Grün-Weiß-Urgestein inne: Jochen Wedekind. „Er hat bei uns bereits die A-Junioren trainiert und die zweite Mannschaft. Doch schon allein beruflich kann er es nicht einrichten, zu jedem Training zu kommen“, sagt Sorge, der Wedekind gemeinsam mit Teamkolleg­e Tobias Simla beim Coachen unterstütz­t hatte. Eine Aufgabe, die dem Kapitän liegt, wie so vieles was mit dem Verein zu tun hat. Bezeichnen­d, dass er so ziemlich jede Position auf dem Spielfeld bereits irgendwann eingenomme­n hat. „Am liebsten spiele ich als Zehner“, ganz gemäß seiner Rückennumm­er. „Aber eingesprun­gen bin ich überall, wo jemand gefehlt hat.“Ein Allrounder, der am Ende seiner Fußballerk­arriere

ein ähnlich facettenre­iches Engagement auch im Verein für sehr wahrschein­lich hält.

Bis dahin will er noch eine Menge Tore schießen – und noch mehr vorbereite­n, wie es die Statistik auf der Vereinshom­epage ausweist. Den zwei schweren Verletzung­en seiner Karriere soll keinesfall­s eine weitere folgen, die ein abruptes Ende nach sich ziehen könnte.

Einen neuen Anfang hat Lucas Sorge bereits gemacht: Das Familiente­am wächst. „Es wird ein Junge, er wird bestimmt in Blankenhai­n Fußballer“, sagt Sorge mit vollendete­r Erwartung auf den Neuankömml­ing, der mit Sicherheit auch das Leben des Papas auf den Kopf stellen wird. „Es ist unser erstes Kind, wir freuen uns wahnsinnig.“Im Juni soll es soweit sein.

 ?? FOTO: JÜRGEN SCHEERE ?? Lucas Sorge (Mitte) ist bei Grün-Weiß Blankenhai­n seit vielen Jahren eine der Stützen der ersten Männermann­schaft.
FOTO: JÜRGEN SCHEERE Lucas Sorge (Mitte) ist bei Grün-Weiß Blankenhai­n seit vielen Jahren eine der Stützen der ersten Männermann­schaft.

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