„Ich bitte die Opfer um Vergebung“
Gericht verhängt Bewährungsstrafe gegen Christoph Metzelder für die Weitergabe harter Kinderpornografie
Düsseldorf. Es sind nur 30 Schritte, aber der Weg von der Eingangsschleuse zum Gerichtssaal wird für Christoph Metzelder ein schwerer Gang. Er läuft auf eine Wand von Kameraleuten zu und versucht, das Unvermeidliche schnell hinter sich zu bringen. Es klickt gefühlt 1000mal. Der ehemalige Fußballnationalspieler, in dessen Leben es nur bergauf ging und der es durchaus genoss, im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen, kommt heute als Angeklagter ins Düsseldorfer Amtsgericht und wird sechseinhalb Stunden später mit einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten wieder nach Hause fahren.
Kinderpornografische Bilder hat Metzelder drei Frauen im Austausch über sexuelle Fantasien geschickt, und die Staatsanwältin lässt in der Verlesung der Anklage mit allen Details keinen Zweifel daran, dass es auf den Fotos nicht um das nackte Mädchen in aufreizender Pose am Strand geht. Sondern dass der Missbrauch von Kindern in härtester Form zu sehen ist.
Metzelder, in grauem Sakko und weißem Pulli, reagiert auf der Anlagebank zunächst betont sachlich, spricht in vorgefertigten Sätzen über sein Leben als Fußballer, als Fernsehkommentator, als Trainer seines Heimatvereins, des TuS Haltern, und über seine Stiftung für benachteiligte Kinder. „Auf diese jahrelange ehrenamtliche Arbeit bin ich stolz“, sagt er mit fester Stimme. Das Bundesverdienstkreuz und den Landesverdienstorden wolle er indes „aus Respekt vor diesen Auszeichnungen“zurückgeben.
Von Reue oder Demut ist in diesen Momenten wenig zu spüren, im Saal scheint der selbstbewusste Christoph Metzelder zu sitzen, wie ihn die Öffentlichkeit kennt, jederzeit Herr der Lage. Doch als ein Rechtsgespräch zwischen den Verfahrensbeteiligten scheitert, in dem Richterin Astrid Stammerjohann Metzelder eine Bewährungsstrafe von neun bis zwölf Monaten in Aussicht stellt, holt der 40-Jährige noch einmal zu seinem Geständnis aus. Ja, er habe extreme Bilder ausgetauscht, gesteht er. Es sei „die Faszination der gemeinsamen Grenzüberschreitung gewesen“, erklärt er und beteuert: „Nichts basierte auf einer tieferen Neigung.“Es habe nie Übergriffe gegeben, es seien auch nie welche geplant gewesen. Er sei nie im Darknet unterwegs gewesen, habe nicht mehr Bilder besessen, als er verschickt habe. Am Ende geht es um 26 Dateien.
Er wisse aber, dass es neben der strafrechtlichen Betrachtung eine moralische Schuld gebe. „Ich habe diese Taten begangen, obwohl ich weiß, welches unermessliche Leid für die Kinder dahintersteckt. Ich akzeptiere die Strafe und bitte die Opfer sexueller Gewalt um Vergebung.“Und dann kippt seine Stimme, die so viel Souveränität bislang verströmt hat, doch noch, Metzelder unterdrückt die Tränen mit Mühe: „Das ist eine Wunde, die niemals heilen wird und mit der ich den Rest meines Lebens leben muss.“
Metzelders Verteidiger ist um Schadenbegrenzung bemüht und verweist indirekt darauf, wie sehr sein Mandant darunter leidet, dass nun überhaupt verhandelt wird. „Es gibt laut Statistik 18.761 solcher Fälle im Jahr“, sagt Ulrich Sommer, „auch schwerere Fälle werden oft außerhalb einer Hauptverhandlung geklärt.“Die Öffentlichkeit sei nicht geübt im Umgang mit diesen Fällen. „Laien vergessen, dass Anstößigkeit nicht strafbar ist, das Strafrecht schützt Rechtsgüter, nicht Gefühle.“Der Gesetzgeber wolle den Kinderschutz verbessern und kriminalisiere nun Bilder. Der Nutzen sei empirisch nicht belegt. Sommer hatte sich in einem RTLInterview zuletzt zu der Aussage verstiegen, viele Bilder auf Metzelders Smartphone zeigten „junge Frauen, die Sie und ich auch attraktiv fänden“. Sommers Kollege Heiko Klatt greift derweil die Medien und ihre Berichterstattung scharf an. Es habe „Hunderte Persönlichkeitsrechtsverletzungen zulasten des Angeklagten gegeben“, sagt er, manchmal sei das „von einer mittelalterlichen Hexenjagd“nicht zu unterscheiden gewesen. So etwas sei „in den letzten 20 Jahren vielleicht einmal vorgekommen“. Das müsse man strafmindernd berücksichtigen.
Richterin spricht von glaubhafter Reue
Das greift auch Astrid Stammerjohann in ihrem Urteil auf. Zugunsten Metzelders spreche nicht nur sein Geständnis und die glaubhafte Reue, die er im Prozess gezeigt habe. „Es gab eine faktisch vorweggenommene Bestrafung durch die Berichte.“Metzelder dürfte „weder auf absehbare Zeit einer Tätigkeit nachkommen noch an der Öffentlichkeit teilnehmen können“. Was er habe hinnehmen müssen, „geht weit hinaus über das, was andere Täter ertragen müssen“.
Metzelder verlässt den Saal, eine Regung wäre hinter der Maske ohnehin nicht mehr zu entdecken. Die Achselschweißränder am Jackett sind indes nicht zu übersehen. Noch einmal an den Fotografen vorbei und ab ins Auto. Für heute ist der Albtraum beendet.